
A Place To Bury Strangers - A Place To Bury Strangers
Killer Pimp / Rocket Girl / Rough TradeVÖ: 31.10.2008
Their bloody valentine
Was waren das noch Zeiten, als Bands sich ernsthaft darum stritten, wer denn nun die lautesten Liveshows der Welt spielt. Aufgescheuchte Populärwissenschaftler bauten komplizierte Messgeräte bei The-Who-Konzerten auf, Motörhead-Lemmy verwies souverän auf seinen Tinnitus, und restlos besoffene Plattentests.de-Mitarbeiter sollen schon mit zugehaltenen Ohren auf Festival-Gigs von Mogwai herumgerannt sein und "Das ist ja unglaublich laut!" gebrüllt haben. Das ganze Düsenjäger-Latenmessen hat sich natürlich seit der diesjährigen Reunion von My Bloody Valentine erledigt. Wer A Place To Bury Strangers aus New York deshalb als zu spät gekommene Krachmacher abstempeln will, sollte der Band aus Brooklyn aber wenigstens zugestehen, dass ihr Debütalbum mit 13-monatiger Verspätung in Deutschland erscheint - und so oder so eine ziemlich einleuchtende Lektion in Sachen Gehör schädigender Rockmusik erteilt.
Dabei geht es erst in zweiter Linie um die schiere Lautstärke, nach der "A Place To Bury Strangers" verlangt, um sich voll entfalten zu können. Die kreischende Art und Weise, mit der sich Akkorde und ihr Nachhall hier im kritischen Bereich bekriegen, der unbeeindruckt erbarmungslos durchlaufende Drumcomputer und die tief verschüttete In-Narkose-Stimme von Oliver Ackermann: All das verschwimmt spätestens nach drei Songs zu einer undurchlässigen Soundpampe, mit der man sich die Ohren für immer zukleistern kann. Und das ist natürlich geil. A Place To Bury Strangers verlangen viel (15 Songs, 60 Minuten, keine Timeouts), aber am Ende belohnen sie mit der Gewissheit, dass man sich die Gesundheit schon bedeutend weniger unterhaltsam ruiniert hat.
Dass sich der Song hier dem Sound unterordnet, bezahlt die Band mit einer Gleichförmigkeit, die letztlich zur unbedingten Voraussetzung für ihre Platte wird. Es geht hier nicht um einzelne Lieder, Feinheiten oder elaborierte Bassläufe - aufschrecken muss man höchstens, wenn der stumpfe Beat von "To fix the gash in your head" gleich am Anfang mit einem Zerstörer-Gitarrensolo zugeknallt wird oder sich das vergleichsweise ruhig gestellte "Sunbeam" am Ende des Albums von den restlichen Songs abkapselt. In diesem Rahmen durchläuft "A Place To Bury Strangers" die von Ambient in Drone überkippende Durststrecke "The falling sun", das besser sortierte, aber ebenso nervös blinzelnde "Breathe" und den Joy-Division-Minimalismus von "I know I'll see you", der mit allerlei verzerrten Gitarren ad absurdum geführt wird. Trostlos, viel los, irgendwo dazwischen.
Als Geheimnis des garstigen Klangs von A Place To Bury Strangers entpuppen sich Ackermanns selbstgebaute Effektpedale, die er derzeit auch an jede zweite Brooklyn-Rockband verkauft, und von denen vor allem seine weniger zugedröhnten Stücke profitieren. Ein dick verpackter Hit wie "Don't think lover" erkämpft sich seine Unverwechselbarkeit so mit eklig kratzigen Refrain-Gitarren, und der Zeitlupen-Untergang von "Ocean" muss sich nicht allein auf den Zerfall seines Schlagzeugs verlassen. Nicht nur in diesem Song wird der Name zum Programm - ebenso genüsslich wie A Place To Bury Strangers ihr Album zerlegen, erfreuen sie sich an der vorbestimmten Ausweglosigkeit der Dinge, die da kommen. Sie sind die Band, bei der alle Dämme brechen. Und sie gucken sich bestimmt nicht nach einem Rettungsboot um.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Missing you
- Don't think lover
- To fix the gash in your head
- Breathe
Tracklist
- Missing you
- Don't think lover
- To fix the gash in your head
- The falling sun
- Another step away
- Breathe
- I know I'll see you
- She dies
- My weakness
- Ocean
- Never going down
- Get on
- Run around
- Half awake
- Sunbeam
Referenzen
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