Spillsbury - Auf zum Atem

Raboisen / Rough Trade
VÖ: 10.10.2008
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Sie hupt, er schraubt

"Diesen Blick, den kenn ich schon / Jetzt kommt die längere Version." Oder vielmehr: die langweiligere. Die liegt mittlerweile drei Jahre zurück, hieß "2" und war eine eher maue Alternative zu Spillsburys furiosem Debüt "Raus!", auf dem Zoe Meißner noch Gift und Galle gespuckt und Tobias Asche Sequenzer und Gitarren zu einem Meisterwerk des reduzierten elektronischen Pogo verdichtet hatte. Der Nachfolger aber brachte lediglich die Erkenntnis, dass die Hamburger als Power-Duo zwar jede Menge Eindruck machen, anspruchsvollere Songstrukturen aber nicht recht mit Leben zu füllen wissen. Einfacher ausgedrückt: Spillsburys Musik lässt sich am besten in BPM messen und ist so gut, wie sie schnell ist.

Und deswegen erwischt dann auch "Auf zum Atem" keinen ganz optimalen Start. Statt das Album mit einem geschwinden Kracher zu eröffnen, halten sich Spillsbury auf "Hubschrauber" lange relativ vornehm zurück, bevor das Stück mit großmäulig angelegtem Refrain doch noch verspätet auf Touren kommt. Asche zieht das Tempo an, Meißner sitzt am Steuer und macht aus schlechter Laune und aufgestauter Angepisstheit keinen Hehl. Das wirkt mit geschickt gesetzten Breaks, Wechselgesang und rabiat zur Sache gehenden Riffs vielleicht keine musikalischen Wunder, lässt aber den Großteil der Songs vorzüglich aus dem Quark kommen. Trotzdem hätten es gelegentlich ein paar weniger Reminiszenzen an die käsigere Seite der NDW sein dürfen, und über den Sinngehalt von Aussagen wie "Es ist egal, was du auf dem Kasten hast, wenn du in die Kiste kommst" oder "Das Letzte, was ich tu in meinem Leben, ist sterben" kann man durchaus streiten. Bei den 2 Limited des deutschen Indie rattert die Dampfmaschine aus roher Energie und elektronischer Plastikfütterung also wieder ein ganzes Stück runder. Punk im erweiterten Sinne - zumindest sehr viel mehr als zuletzt.

Die entsprechenden Inhalte liefern Spillsbury dazu natürlich gleich mit. Sie hadern bei "Bitte bitte bitte" mit der eigenen Perspektivlosigkeit und gießen auf "Lass mich" ihre sozialen Neurosen. Hinzu gesellen sich real existierender Überwachungsstaat, Hartz-IV-Aderlass, und im alles vor die Wand schmeißenden "Irrsinn" werden sogar mal kurz Kameras bei Lidl gekauft - was nach den Ereignissen der letzten Monate ja ungefähr so ist, als würde Wolfgang Schäuble zum Bundesdatenschutzbeauftragten ernannt. Selbst der auf den ersten Blick dezent absurde Albumtitel erklärt sich, wenn man ansatzweise mit dem ebenso absurden Universum der Simpsons vertraut ist. Für ein neuerliches "D'oh!" besteht bei "Auf zum Atem" aber bestimmt kein Anlass.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Bitte bitte bitte
  • Lass mich
  • Ich kann alles

Tracklist

  1. Hubschrauber
  2. Bitte bitte bitte
  3. Lass mich
  4. Ich kann alles
  5. Sturzflug
  6. Es ist egal
  7. Grau
  8. Mitten in der Nacht
  9. Irrsinn
  10. Lange Leine
Gesamtspielzeit: 32:59 min

Im Forum kommentieren

kuerbis

2009-01-12 15:32:38

das album ist richtig gut.



ich kam vom weiß ins grau
wie alles neue von allein
ich schau den turm hinauf
und bau ihn immer weiter an

2008-10-08 23:40:31

Marko

2008-09-28 05:52:17

Erstmal abwarten. Single ist super, Album kommt am 10.10. Also Tomte UND Spillsbury - mal gucken, was mich mehr begeistert...

noplace

2008-09-24 17:57:27

die gibt's noch?
ich dachte, alte scheiße wird durch neue scheiße ersetzt anstatt dass die alte aufgewärmt wird.
hm. man kann sich also irren.

Armin Ding

2008-09-24 17:15:48

VÖ verschoben ?!?

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