Shooting John - Happiness +/-

Marilyn / Strange Ways / Indigo
VÖ: 22.08.2008
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Zwei mal eins

Kaum zu glauben, aber der Sommer scheint tatsächlich vorbei zu sein. Der Himmel wird von Tag zu Tag grauer, die Blätter an den Bäumen bunter und weniger, der Regen dafür um so mehr. Der Herbst hält Einzug in Deutschland und lässt sein feucht-kaltes Gewand auf Mensch und Gemüt nieder. Schlechte Laune nicht nur beim traditionellen Sonntagskaffee bei Oma, sondern auch im Herzen. Das wiederum schreit förmlich nach Zuwendung in musikalischer Form. Klar, die neue Scheibe von Metallica kann da auch helfen, oder auch die dritte Auflage eines angeblich neuen Slipknot-Albums. Wer sich aber mit einer Tasse Tee, einer weichen Baumwolldecke und der/dem Liebsten im Bett verkriechen will, um gemeinsam dem tristen Leben in dieser Jahreszeit zu frönen, ist bei den Schweden von Shooting John bestens aufgehoben. Während das Debüt "Moodswings" hierzulande in den Regalen verstaubte, verdient der Nachfolger mehr als nur einen Achtungserfolg. "Happiness +/-" besingt das Gleichgewicht zwischen Gut und Schlecht, tendiert stellenweise aber mehr zu der melancholischen, schwermütigen Seite - und das wiederum ist gut.

Die zu einem Sextett gewachsene Runde um Sänger Peder Gravlund, der Unterstützung von Helena Arlocks bekommt, versteht es, die Hörer in einen Zustand der Schwerelosigkeit zu versetzen. Sei es die mit Musik untermalte Studie zur heutigen Gesellschaft in Gestalt von "War" oder der Übersong "Mistaken", der die Schattenseiten einer Beziehung beschreibt: "Happiness +/-" steht für die stetige Ambivalenz zwischen dem Auf und Ab, die jeder irgendwann erfahren muss. "Emptiness of days" spricht daher jedem, der das Gefühl der Leere schon mal hatte, direkt aus dem Herzen. "The emptiness of days will not end", singen Gravlund und Arlocks so unbekümmert, dass man weiß: Irgendwann scheint die Sonne auch wieder über meinem Haus.

Auffallend ist, dass man sich nach dem Hören weniger an einzelne Songs erinnert, sondern vielmehr das Album als Ganzes im Ohr bleibt. Obwohl sich "I thought no more was needed" mit seinen Synthesizern erbarmungslos in die Länge zieht, bleibt am Ende nur der Gesang selbst hängen. Die ewige Beziehungskiste auf "Fragile" kennt fast jeder aus eigener Erfahrung, und unweigerlich möchte man Helena Arlock mit ihrer glockenhellen Stimme in die Arme nehmen und trösten. "Happiness +/-" gibt sich natürlich eher der melancholischen Seite hin, und der Name weist somit einen kleinen Etikettenschwindel auf. Und doch schwingt allein durch die Musik selbst immer auch ein Hoffnungsschimmer mit. Wie es bei allen Americana- und Folk-Vertretern eben so ist: Am Lagerfeuer vergisst man gitarrezupfend auch mal die Welt um sich herum, und morgen ist auch wieder ein neuer Tag, an dem es besser werden kann.

(Jennifer Depner)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Afterwards
  • Mistaken
  • Emptiness of days
  • Savior

Tracklist

  1. Love and will
  2. War
  3. Afterwards
  4. Words
  5. Artist's dilemma
  6. Mistaken
  7. Emptiness of days
  8. I thought no more was needed
  9. Savior
  10. Fragile
  11. Mornings past
  12. Drunk & astray
  13. Highway blues
Gesamtspielzeit: 49:52 min

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