Finn. - The best low-priced heartbreakers you can own
PIAS / Rough TradeVÖ: 05.09.2008
Prinzessin Anästhesia
Als der kleine Kobold Patrick Zimmer mit dem famos verknispelten Finn.-Album "The ayes will have it!" vor drei Jahren für einen Hauch von Aufsehen sorgte, ging es noch um Indietronics auf der Höhe der Zeit. Die sachte zerspringenden Beats, die flauschige Analogsynthetik und Zimmers mit Melancholie belegte Stimme verwischten jeden Gedanken an die doch eigentlich so präsente Künstlichkeit. Ergebnis war ein niedlicher Kloß im Hals, ein wohliges Ziehen im Herzmuskel. Wenig später verhuschte Finn. für die "Versus Audrey Hepburn"-7" Klassiker wie "Blue moon" oder Elton Johns "Tiny dancer" unter Einsatz von eimerweise Hall. Die trotzdem kargen Arrangements hatten Tränen in den Augen.
Für "The best low-priced heartbreakers you can own" sperrte Zimmer die Synthesizer und Filter endgültig in ein dunkles Verließ. Keine künstlich angelegten Untiefen sollten von seinem fünfteiligen Opus ablenken. Der Wahl-Hamburger zupft seine Gitarre in einem alten Kirchenkeller und säuselt dazu. Er lässt ein paar Wolken über seine Melodien schweben, wie es schon auf den Vorgängern so beschaulich funktionierte. Und erfüllt mit den sanften Pickings von "Half-moon stunned" oder "Dew" das Versprechen des Albumtitels.
Natürlich steckt ein Konzept dahinter. Die mollige Atmosphäre aus den Katakomben deutet das vorbestimmte Scheitern bereits an. Diese 16 Songs und Songfragmente befassen sich in fünf Akten mit dem Tod und der Nachwelt. Nach der Befreiung von elektronischem Kleinkram wollte sogar ein ganzes Orchester gebändigt werden. Auch wenn davon letztlich nur ein kammermusikalisches Ensemble übrig blieb, passt dessen gelegentliche Opulenz zu den aufkommenden Gefühlswallungen. Im epischen "Julius Caesar" ebben die Geigen nur ab, um dem Ungemach in Form von geblasener Dissonanz Platz zu machen. Wenn "In the wake of" sich gegen Ende emporhebt, steht die Tragödie exakt an ihrem Wendepunkt, Streicher und Bläser inklusive. Und trotzdem herrscht hier noch die Hoffnung: "Please save all these men / Don't cut in all their sorrows." Das Schicksal soll herausgefordert werden. So viel Ambition hätte man diesem schüchternen Minnesang vier Minuten vorher kaum zugetraut.
Zimmer verarbeitet seine Melodien durchaus klassizistisch mit Reprise und Coda, spiegelt aber die Einsamkeit seiner Geschichte in benommenen Hymnen und seufzenden Akustikkleinigkeiten. Die Streicherarrangements von Ruth May (Camping, Veranda Music, Kante), der Kontrabass von Gerd Bauder (Il Viaggio, Grunert) und die Posaune von Rainer Sell (NDR-Bigband, Kante) tupfen Farbe ins Trauerspiel. Trotz all der Instrumente bleibt die Musik meist leise und zurückgezogen. Der gequälte Gesang von "The truth is a lie" nimmt dank Scheppern und Schrammeln trotzdem etwas Fahrt auf. Inmitten Hoffnungslosigkeiten wie "Boy-cott", "The fourth, the fifth" oder "This is no lullaby" bleiben auch immer wieder diese winzigen Melodien liegen. Am Ende lässt "For Mona" mit Größe und Erhabenheit sogar die erwartete Resignation hinter sich. "But I will leave this harbour / With you I'll carry on." Das ist echtes Drama.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Half-moon stunned
- Truncheon sound
- Dew
- For Mona
Tracklist
- Act I - Torpidity, l'anêsthesie (Le rideau s'ouvre lentement, un désir netre, 13 portes dissemblables): Half-moon stunned
- Truncheon sound
- Act II - Brouhaha, la sédition (L'eclairages s'est modifié sur la scène .....): Boy-cott
- Girl-cott
- Dew
- Hearts of roses
- Act III - Mutiny, la mutinerie (Un silence, du sang partout...): Julius Caesar
- My last rites
- In the wake of
- This can
- Act IV - Lull and rain, la bonace et la pluie (Le choeur disparaît...): The fourth, the fifth
- This is no lullaby
- (...)
- The truth is a lie
- Please don't ..... please
- Act V - Olympus, l'accord (Il y a un silence...): For Mona (Le rideau tombe rapidement ..... tonnerre d'applaudissements)
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