Saboteur - A place where painters meet

Defiance / Cargo
VÖ: 22.08.2008
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Feile und Bogen

Ein wenig sind Platten wie Fotos. Beide frieren auf ihre Weise lebendige Momente ein, stellen Prozesse kalt. Der Weg dorthin und die Weiterentwicklung aus dem festgehaltenen Augenblick heraus? Bleiben außen vor. Was besonders deutlich wird, wenn man es mit musikalischen Formwandlern wie den Jungs von Sabouteur zu tun hat. Seit die Truppe vor etwa vier Jahren in Hamburg durch die ersten gemeinsamen Takte bretterte, haben sie ihre Songs mit unterschiedlichsten Wassern gewaschen, sie in immer wieder neue Kleider gesteckt. Schon früh quirlte und brodelte ein New-Wave-Strudel mit wendigen Riffs und hibbeligen Grooves im Zentrum des Bandsounds. Doch kurvten sie von da aus immer wieder aufs Neue los, zogen neue Klangideen an, stießen sie wieder ab, feilten andere Konturen aus den Songgerüsten heraus, zertrümmerten andere Teile, schlugen neue Bögen. Schon früh mauserten sie sich durch energiesprudelnde Gigs in der Hamburger Szene zum brandheißen Geheimtipp, und doch schraubten und dokterten sie vier Jahre weiter, ehe sie nun mit ihrem Debüt "A place where painters meet" herausrücken.

Gerüchtehalber sollen Saboteur um die achtzig Songfassungen aufgenommen und mindestens in Teilen wieder verworfen haben für ihr erstes Album, und selbst als alles schon fertig schien, haben sie das Material abermals niedergerungen, umgekrempelt, neu zusammen gesetzt und anders arrangiert. Es hat sich gelohnt. "A place where painters meet" ist wohl eines der spannendsten Indie-Alben geworden, die in diesem Jahr in Deutschland ausgeheckt worden sind. Treibende Kraft des nimmermüden Wandels der Band, die ursprünglich überwiegend aus dem Grenzgebiet von Ostfriesland und Emsland stammt, ist sicherlich das permanent britzelnde Hirn von Peter Tiedeken. Der stand zuletzt in Diensten von The Robocop Kraus, Station 17 oder Pale und war vorher schon Haupt-Ideenschmied und Gitarrist der einstigen Indie-Hoffnung One Man And His Droid. Deren ehemaliger Sänger Matthias Knoop sitzt nun hinter der Schießbude und hält den ausgeklügelten Reigen der neun Songs dynamisch zusammen.

Schlackefrei und trocken produziert, setzt sich "A place where painters meet" bewusst zwischen Stühle. Es verquickt stringente Songstrukturen und lose Enden, packt zu und lässt sich treiben, mischt munter wippende, erdige New-Wave-Anklänge mit berstenden Gitarrenwänden, Störgeräuschen, bezwingenden Melodien und fein gesetzten Dissonanzen. Tiedekens ruhige Gesangslinien gleiten sanft durch das dynamische Wechselspiel von zurückgenommenen Passagen und abrupten Ausbrüchen. Mit ihrem Debüt ist Saboteur ein gelenkiger Spagat zwischen vertracktem Anspruch und schlichter Eingängigkeit, zwischen Störfeuern und Harmonieseligkeit gelungen. Immer wieder finden sich kleine Haken und überraschende Wendungen in den Songs, die widerborstig genug sind, um lange Zeit spannend zu bleiben. Zugleich sind sie aber eingängig genug, um sich flugs ins Ohr zu krallen und den Kern des Songs nicht hinter allzu überladenem Ideenwust und Soundschichten aus dem Blick geraten zu lassen.

"A place where painters meet" ist ein viel versprechendes Debüt. Ein Zwischenschritt, wahrscheinlich nur ein Wimpernschlag im nimmermüden Bandprozess. Während der Hörer noch die jüngste Scheibe im Player rotieren lässt, sind die vier Hamburger wahrscheinlich längst zu neuen Ufern unterwegs, um sich erneut zu verpuppen. Man darf gespannt sein, was weiterhin von Saboteur kommen wird. Es wird eigen sein, anders, überraschend und höchstwahrscheinlich gut. Vielleicht sogar besser. Aber das wird die Zukunft zeigen. Zunächst: Chapeau für einen mutigen Anfang.

(Ole Cordsen)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • A cabbage white
  • Clinking glasses on a lush
  • Apples and stones
  • The closing in

Tracklist

  1. A cabbage white
  2. Love spreader
  3. The plural
  4. Tree song
  5. Clinking glasses on a lush
  6. Apples and stones
  7. The closing
Gesamtspielzeit: 41:48 min

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