Into Eternity - The incurable tragedy

Century Media / EMI
VÖ: 22.08.2008
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Im Krebsgang

Druckabfuhr, Läuterung, Spannungsabbau: "Die Katharsis bezeichnet in der Psychologie die Hypothese, dass das Ausleben von inneren Konflikten und verdrängten Emotionen zu einer Reduktion der Konflikte und Gefühle führt." So Wikipedia. Für Tim Roth, Bandchef der Kanadier Into Eternity, war bereits "The scattering of ashes" aus dem Jahr 2006 eine solche, versuchte er dort doch die Trauer über den Tod seiner Mutter zu kanalisieren. Doch irgendwie schien das Leben noch nicht so richtig zu stinken. Denn nicht nur, dass innerhalb kurzer Zeit zwei seiner besten Freunde an Krebs starben, auch seinen Vater musste Roth aufgrund dieser teuflischen Krankheit zu Grabe tragen.

Konzeptalben, die solche Schicksalsschläge verarbeiten, geraten allzu oft allzu weinerlich. Im Fall von Into Eternity wird andersherum ein Schuh daraus. Denn was eignet sich besser, eine aus dem Ruder geratene Gefühlswelt zu verarbeiten, als die Musik der kanadischen "Extreme-Death-Progger", bei denen BPM nicht etwa Beats per Minute, sondern Breaks per Minute bedeuten? Der Blick auf die Trackliste spricht bereits für sich; die Songstrukturen tun ihr übriges hinzu.

Doch was heißt hier Songstrukturen? Auch in Trauer bedeutet ein Into-Eternity-Album immer noch, sich auf gefühlte 1.424 Breaks pro Song einzustellen. Auf wahnwitzige Tempowechsel. Auf brillenträgerfeindlichen Eierkneifgesang, der kurz darauf von kellertiefen Growls abgelöst wird. Das Ganze allerdings in Songs von maximal 4 Minuten Länge. Ein Refrain wie "Spent years of regret" verlässt das Ohr so schnell nicht, und für Melodien wie in "Diagnosis terminal" oder "Time immemorial" gäbe so mancher Songschreiber sein letztes Hemd.

Unterbrochen wird dieser Wahnsinnsritt, und das ist neu, von nachdenklichen Zwischenspielen, passenderweise mit den Todestagen der Verstorbenen betitelt. Wie die Trauer über geliebte Menschen, die immer wieder hervorbricht, wenn man meint, gerade darüber hinweggekommen zu sein. Doch die daraus resultierende Verzweiflung manifestiert sich bei "A black light ending" oder "One funeral hymn for three" in Riffs, für die auch Tool einen verdammt guten Tag bräuchten. Schade nur, dass durch etwas arg klinische Synthesizer-Klänge dem abschließenden "The incurable tragedy III" ein wenig die Würde genommen wird. Ebenso, dass "kompakt" heuer mit "arg kurz" gleichzusetzen ist. Doch Into Eternity schaffen in der Tat den seltenen Spagat zwischen Trauer, Würde und Beibehalten der gewohnten musikalischen Markenzeichen. Eine Band, eine Platte als Ventil. Selten gelingt dies so eindrucksvoll wie mit "The incurable tragedy".

(Markus Bellmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Spent years of regret
  • Diagnosis terminal
  • A black light ending

Tracklist

  1. Prelude to woe
  2. Tides of blood
  3. Spent years of regret
  4. Symptoms
  5. Diagnosis terminal
  6. The incurable tragedy I (September 21, 2006)
  7. Indignation
  8. Time immemorial
  9. The incurable tragedy II (November 10, 2006)
  10. A black light ending
  11. One funeral hymn for three
  12. The incurable tragedy III (December 15, 2006)
Gesamtspielzeit: 38:53 min

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  • Into Eternity (5 Beiträge / Letzter am 29.07.2008 - 23:28 Uhr)