Ben Weaver - The ax in the oak
Glitterhouse / IndigoVÖ: 22.08.2008
Großstadtgeflimmer
Berlin is the place to be. Das wussten bereits David Bowie, Iggy Pop und Rufus Wainwright, das wissen Till Lindemann und Dirk von Lowtzow. Selbst Ben Weaver erkannte die kreative Kraft dieser Stadt, die wohl wie keine zweite Aufbruch und Abriss gleichermaßen vereint. So stratzte der US-Amerikaner aus Minneapolis im Sommer des letzten Jahres durch das immerwährende In-Viertel Prenzlauer Berg auf der Suche nach Impressionen und Gefühlen, um sich anschließend in der Wohnung eines Freundes zu verkriechen und zu schreiben. Den ganzen Tag. Weaver bestreitet auch gar nicht erst, dass die Magie Berlins es sich bequem gemacht auf "The ax in the oak".
Erstarkt durch die Kraft der neuen Umgebung, entsteigt Weaver zu Beginn des Albums seinem selbstgeschusterten, lichtdichten Holzkästchen und erfreut sich an der Fülle der Farben und an der Intensität des Lichts. Eingefangen hat er dies in ungewohnt beschwingten Kompositionen mit viel Schalala und Dadada. Anstatt den Kopf tief zwischen den Knien hängen zu lassen, schlendert der Singer/Songwriter erhobenen Hauptes durch die Straßen des Viertels und lässt sich beeindrucken vom geschäftigen Treiben und munteren Flirren, das in minimalistisch flimmernden Elektrobeats aufblitzt. Diese wirken wie ein trister Gegenpol zur sanft gezupften Akustikgitarre, sind aber weniger befremdlich als noch auf "Paper sky". Doch ebenso wie auch der Vorgänger ist und bleibt "The ax in the oak" letztendlich neumodischer Americana-Folk eines traurigen jungen Mannes, der sich nicht mehr auf die ergreifende Energie der Saiten allein verlässt, sondern mit pluckernden LoFi-Neuerungen und der Wärme seines kratzigen Timbres das Herz umschmeichelt.
Einen besonderen Platz im Gefüge von "The ax in the oak" nimmt das elektronische Instrumental "Said in stones" ein. Wie aus dem Nichts schwingt das Wetter um, während Weaver ganz gemächlich wieder zurück in seine Kiste steigt und den Verschlag von innen verriegelt. Danach wird es dunkel und einsam. So ist das manchmal mit der Liebe: Nach einer gewissen Zeit ist das Feuer raus, der Ofen aus, die Automatismen die alten. Auch Berlin ist letztendlich nur eine Metropole unter vielen, und "White snow" sowie "Anything with word" bleiben die ergreifendsten Zeugen dieses kurzen Intermezzos Weavers in der deutschen Hauptstadt. Sie hat ihm gut getan.
Highlights & Tracklist
Highlights
- White snow
- Anything with word
- Out behind the house
Tracklist
- White snow
- Red red fox
- Soldier's war
- Anything with word
- Pretty girl
- Hawks and crows
- Dead bird
- Said in stones
- Alligators and owls
- Hey Ray
- Out behind the house
- History of weather
Referenzen
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- Ben Weaver (4 Beiträge / Letzter am 28.10.2010 - 11:31 Uhr)