Oneida - Preteen weaponry
Jagjaguwar / CargoVÖ: 05.08.2008
Kinderpsychologie heute
Die Kleinsten haben oft die fiesesten Waffen. Einfach Reißzwecken auf den Stuhl gelegt oder Knallfrösche in den Hausschuhen versteckt, das Ganze am besten noch als entwicklungsförderndes Ausleben von Kreativität verkauft, und schon gehen der Pädagogik die Argumente aus. Hanoi Jane, beim New Yorker Trio Oneida für Gitarre und Bass zuständig, kennt als hauptberuflicher Familientherapeut die Problematik vermutlich. Irgendwann muss es ihm einfach zu bunt geworden sein, so dass er mit seiner Band zum Gegenschlag ausholte. Und der war auf allen acht Oneida-Alben bislang wahrlich nicht von Pappe. Für ihre nur notdürftig als Indie getarnte Referenzhölle ist der Band jedenfalls von Stoner-Rock mit der Schleifhexe über bewegungslegasthenische Tribal-Percussions bis hin zu tosenden Industrial-Aufmärschen alles recht.
Und jetzt sind Oneida anscheinend bei so etwas wie ihrem Hauptwerk angekommen. "Thank your parents" heißt die Trilogie, die sie einem bis ins nächste Jahr hinein um die Ohren hauen werden. Und da "Preteen weaponry" hierzu erst die Ouvertüre darstellt, sollte man sich ungeachtet der aktuellen Jahreszeit schon jetzt warm einpacken. Vielleicht ist man dann besser gepolstert gegen das, was da noch kommt. Die vorliegenden drei mal 13 Minuten, die zusammen ein einziges zusammenhängendes Stück ergeben, sind fürs erste aber schon mal völlig ausreichend. Oneida heizen mit rasselnden Stahlsaiten vor, versenken ihre Instrumente knietief in einem Morast aus chaotischem Getrommel und machen mittendrin ein Fass voll knirschigem elektronischem Krach auf, bis auch der letzte Rotzbengel freiwillig ungegessen zu Bett gegangen ist. Ein gewisses Hörfleisch ist nämlich erforderlich, um "Preteen weaponry" trotz moderater Spielzeit in einem Zug durchzustehen. Und das hat nun mal nicht jeder.
Falls das bis jetzt noch nicht klar geworden sein sollte: Von Songs im eigentlichen Sinne kann hier selbstverständlich keine Rede sein. Eher von Dekonstruktion bis zur Selbstaufgabe, schönen Katastrophen mit der Abrissbirne und ab und zu sogar von Musik. So lassen es sich Oneida auf Part 2 von "Preteen weaponry" nicht nehmen, einige Minuten mit Gesang zu bestreiten, nachdem das allerböseste Lärmgerüttel allmählich verraucht ist. Gegen Ende schleicht sich gar eine Art Krautrock-Beat ins planvolle Getümmel, bis ganz zum Schluss wieder alles mit Noise-Spitzen und elektronischen Pistolenschüssen entleibt wird. Wohlgemerkt: Noch handelt es sich um Platzpatronen. Noch erreicht "Preteen weaponry" aber auch bei allen Ohrenbetäuberqualitäten nicht die Durchgeknalltheit der gröbsten Liars-Schandtaten oder die Stimmungsdichte des Fuck-Buttons-Albums. Doch schon im Januar steht Teil zwei der Trilogie ins Haus, und da wird's dann voraussichtlich richtig ernst. Vielleicht kann Knecht Ruprecht die lieben Kleinen einen Monat vorher ja schon mal kurz übers Knie legen. Es wäre ein Vorgeschmack.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Preteen weaponry (Part 1)
Tracklist
- Preteen weaponry (Part 1)
- Preteen weaponry (Part 2)
- Preteen weaponry (Part 3)
Referenzen
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