Nightmares On Wax - Thought so...
Warp / Rough TradeVÖ: 22.08.2008
Omas Lavalampe
Eckkneipen: Orte der Zuflucht. Nach der Schicht auf'm Bau kehrt man hier ein und fühlt sich an der Theke bei Willi Koslowski wie zu Hause im Schrebergarten. Kaum hat man sich auf dem Stammhocker niedergelassen, steht auch schon das erste kleine Herrengedeck vor einem. Nichts hilft besser, die bekloppte Welt da draußen bekloppte Welt sein zu lassen als dieses routinierte Gefühl des ewig Bekannten. Pils und Korn im Kneipchen – das Sedativum des kleinen Mannes. Das Sedativum aller Downbeatliebhaber hört auf den Namen Nightmares On Wax. Nach bleepigem Acid House zu Beginn produziert George Evelyn nun schon seit dem Paläolithikum ultra-entspannte Beats mit Versatzstücken aus Jazz, Soul, HipHop, Reggae, Dub und Funk; eingebettet in warme, watteweiche Synthesizerflächen, die sich so breit machen wie der Rezensent nach dem Genuss eines zwei Meter langen Millenium-Spliffs. Der Mann wird nicht umsonst auch E.a.s.e. genannt - was nicht von ungefähr nach Wellnessoase klingt.
Körper, Geist und Seele in Harmonie zu bringen wie eine Schokoladenmassage ist auch auf "Thought so…" wieder das Credo. Aufgenommen wurde die Platte auf der Reise vom verregneten Leeds ins ewig sonnige Ibiza, Evelyns neuem Wohnort. Das ist aber auch schon die einzige Veränderung im Zusammenhang mit Nightmares On Wax. Musikalisch gesehen bietet "Thought so…" so viel Neues wie die Tageszeitung von letzter Woche. So ist "Calling" der Halbbruder des ebenfalls superentspannten "Les nuits" und für "Hey ego!" hat Evelyn die verliebte Pianomelodie von "Me & you" auf "Smokers delight" ausgearbeitet. Ansonsten wippt auf "Thought so…" alles wie immer geschmackvoll und zurückgelehnt vor sich hin wie Oma in ihrem Schaukelstuhl, hat aber auch ähnlich wenig Zähne im Mund. Danach verlangt auch keiner beim Downtempo-Kaffeekränzchen, aber es liegt nicht zwangsläufig an Altersdemenz, wenn von manchen Tracks kaum mehr im Gedächtnis bleibt, als dass sich eine prinzipiell gute Idee sehr lange wiederholt.
"Pretty dark" ist beispielsweise in etwa so spannend wie Angeln in einem ausgetrockneten See. Auch "195 lbs" wiederholt letztlich nur einen – allerdings deutlich besseren – Beat und Ricky Rankings monotone Raggavocals, aufgepeppt durch ein paar zusätzliche Sounds. Interessanter ist da schon "Da feelin", dessen Handclaps, Congas und Hey-Ho-Rufe das Gefühl vermitteln, dass jeden Moment die Party steigt. Und "Be there" funkt mit einem Touch Weltmusik und ein paar spacigen Sounds über die Straßen Ibizas, an denen auch "Hear in colour" kopfnickend den Daumen raushält. Was "Thought so…" aber von einem Klassiker wie "Smokers delight" unterscheidet, sind die mangelnde Schwere und Vielschichtigkeit der Arrangements. Wo seinerzeit die dubbigen Basslines durch die Boxen blobbten wie Wachs durch die Lavalampe und man gleichzeitig von den Samples, den Melodiebögen, den unterschiedlichen Sounds und nicht zuletzt den Soli weggebeamt wurde, gibt's heute jazzfunkiges Miracel Whip mit Diätcola. Auch mit diesen minimalistischeren, luftigeren Klängen kommt man prima durch den Sommer, aber das ist ein bisschen wie mit Oma - die sagt auch immer, dass es früher schöner war.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Da feelin
- Be there
- Hear in colour
Tracklist
- [Intro]
- Da feelin
- 195 lbs
- Be there
- Bringin it
- Calling
- Moretime
- Pretty dark
- Hear in colour
- Still? Yes!
- Hey ego!
Referenzen
Spotify
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