Kingsize - Love, lust and other disasters

Weekender / Indigo
VÖ: 25.07.2008
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Anschwitzen

Eine junge Gitarren-Boyband aus England, deren Debütalbum auf den ersten Blick sämtliche adoleszente Rock'n'Roll-Klischees aufkocht, kann eine ziemlich schnöde Angelegenheit sein. Brauchen wir so was nach The Libertines, den Babyshambles, Razorlight und den unzähligen mehr oder weniger guten Nachahmern wirklich noch? Im Fall von Kingsize muss diese Frage mit einem klaren "Ja" beantwortet werden. Denn was die vier Herren aus London auf "Love, lust and other disasters" abliefern, hat alles, was man sich von einem schwitzigen Gitarrenrock-Album wünscht.

Als da wären: melodiegetränkte Riffattacken, die ob der unzähligen Breaks den wöchentlichen Indietanz zur olympischen Disziplin mutieren lassen und genügend Power, um im Bauch ordentlich Remmidemmi zu veranstalten. Außerdem besitzen Kingsize mit Mike McCartney ein extrem wandlungsfähiges Frontmännchen, das sich auf dem Debüt als rotziger Zwillingsbruder des Razorlight-Organs Johnny Borrel entpuppt. Zu guter Letzt haben sie so viel Pop-Appeal, dass sie in der Radio-Playlist perfekt zwischen The Kooks und Mando Diao passen würden.

Warum also wissen noch so wenige von dieser Band? Warum wurde sie im Plattentests.de-Forum noch nicht gepriesen? Warum schlägt die englische Hype-Presse nicht schon seit Monaten Alarm? Ganz einfach: Kingsize haben alles, bloß keinen Megahit. Kein "Apply some pressure", kein "I bet you look good on the dancefloor". Viele kleine Ohrwürmer, wie etwa "Beat of a friday night" oder den klirrenden Opener "Boy" haben sie bei den Aufnahmen in London und Berlin aus ihren Instrumenten geprügelt, doch der eine knackige Song, die musikalische Visitenkarte, die den Wendepunkt der Bandgeschichte markieren könnte: Fehlanzeige.

Dabei ist "Daze" ein dynamischer Indiestampfer par excellence, sprüht nur so vor Retrocharme und pumpt sich gegen Ende eindrucksvoll in den jaulenden Rockhimmel. "Don't fall back" destilliert die Stimme von Julian Casablanca mit der Punkattitüde von The Clash, und "Time + place" hätte auch auf dem Debüt von The Kooks seinen Platz finden können. Gespickt mit unzähligen Gitarrenschnörkeln, volltrunkenen Melodiebögen, aber auch gelassenen Balladen, bedienen sich Kingsize schamlos bei den Giganten der letzten Jahrzehnte. Unbekümmert fegen sie durch die Pubs, spielen bierselige Nummern wie "Amsterdam", nur um am nächsten Morgen mit einem akustischen Katerfrühstück namens "Don't go expecting the truth" den neuen Tag zu begrüßen. Eine Gitarren-Boyband aus England. Oft gehört, doch immer wieder schön.

(Steffen Meyer)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Boy
  • Daze
  • Time + place
  • Beat of a friday night
  • Don't fall back

Tracklist

  1. Boy
  2. Temptrees
  3. Days
  4. What have we become?
  5. Time & place
  6. Beat of a Friday night
  7. Amsterdam
  8. Don't fall back
  9. Girl
  10. Demons
  11. Don't go expecting the truth
  12. Rock'n'roll dreams
Gesamtspielzeit: 44:05 min