Jaguar Love - Take me to the sea

Matador / Beggars / Indigo
VÖ: 15.08.2008
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

In Zucht

Es treibt einem immer wieder Tränen in die Augen, wenn sich Lieblingsbands auflösen. Der geneigte Postcore-Nerd hatte zuletzt den Verlust so großartiger Bands wie The Dismemberment Plan, Pretty Girls Make Graves oder der Blood Brothers zu verkraften. Zum Glück konnte die Nachricht, dass sich jetzt drei Leute der beiden letztgenannten Krawallmacher als Jaguar Love zusammengetan haben, den Schmerz etwas lindern. Und weil das über jeden Zweifel erhabene Label Matador sich die Dienste der Seattler sicherte, ahnt man bereits, dass dabei keine saftarme Supergroup entstand. Audioslave anyone? No one, natürlich.

Der ungewöhnlich breit angelegte Opener "Highways of gold" kommt mit tänzelnder Orgel und treibendem Bass beinahe wie ein Popsong daher. Beinahe. Denn bevor man eine Ahnung hat, warum sich Johnny Whitney lieber neuen Perspektiven zuwenden wollte, knabbert sich sein Fastgesang bis in die höchsten Windungen des Gehörs vor. Die impulsiv zuckenden Gitarren von Cody, dem cooleren der Votolato-Brüder, pusten jeden Radioverdacht gekonnt beiseite. Das ist vom gleichen unbequemen Wiedererkennungswert, wie man ihn bei den Vorgängerbands stets so schätzte.

Da steckt das verführerische Berserkertum der Blood Brothers ebenso im Genom wie die Hüftelastizität, die Jay Clark von seiner Ex-Band mitbrachte. Dass Jaguar Love trotzdem nicht exakt in der vorausberechneten Mitte landen, liegt an der schamlos ausgelebten Faszination für klassische Rockformeln. Tamburin und Akustikklampfe schubsen die angemessen flatterige Melodie von "Bats over the Pacific Ocean" so vor sich her, dass die logische Schlussfolgerung das aus dem Refrain purzelnde Klavier ist. "Humans evolve into skyscrapers" gönnt sich nach quietschender Unbehaglichkeit ein glammiges Finale mitsamt feistem Chor. Und David Bowie singt in "Vagabond ballroom" vermutlich nur deshalb nicht selbst mit, weil er nicht alle kommenden Überflieger auf dem Schirm haben kann.

Nachdem die Gitarren durch "Jaguar pirates" gehubschraubert sind, wuselt durch "Antoine and Birdskull" eine wuchtige Wurlitzer. In "The man with the plastic suns" haben die Saiten erst Schluckauf und dann die Lizenz zum Jaulen. Whitney sucht währenddessen immer nach dem Kompromiss zwischen Hyperventilation und Hymne. Dass er sich von vermeintlichen Geschmacksgrenzen nicht bremsen lässt, beweisen die dralle "Georgia" und der bittere Schmelz von "Bonetrees and a broken heart". Mit dem Aspartam von "My organ sounds like..." holt sich sogar noch der Pop mal eben den Endsieg über den Lärm. Überforderung war gestern, "Take me to the sea" ist Glamrock für die Generation ADHS.

(Oliver Ding)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Highways of gold
  • Bats over the Pacific Ocean
  • Jaguar pirates
  • Humans evolve into skyscrapers

Tracklist

  1. Highways of gold
  2. Bats over the Pacific Ocean
  3. Jaguar pirates
  4. Georgia
  5. Vagabond ballroom
  6. Humans evolve into skyscrapers
  7. Antoine and Birdskull
  8. Bone trees and a broken heart
  9. The man with the plastic suns
  10. My organ sounds like...
Gesamtspielzeit: 42:25 min

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  • Jaguar Love (41 Beiträge / Letzter am 06.05.2010 - 17:37 Uhr)