
Rose Hill Drive - Moon is the new Earth
Megaforce / Sony BMGVÖ: 25.07.2008
Gibt mir das Gefühl zurück
Retrorock ist für Rezensenten eine eher undankbare Musikrichtung. Eine gepflegt gelangweilte Besprechung geht zwar irgendwie immer, aber schon der Verriss wird schwierig, da ja alle üblichen Argumente, die man so vorzubringen hat, schon offen auf der Hand liegen. Alles schon mal gehört? Na klar. Innovationsarm? Nun ja, Retro ist halt so. Auch hochkarätige, aber antike Referenzen sind wenig hilfreich. Wer etwas hören möchte, das nach XY klingt, kann es ja einfach - nun ja - mit XY probieren. Binsenweisheiten. Jetzt kann man nur hoffen, dass der Bassist eine komische Frisur hat, oder der Bandhund einen albernen Namen. Man braucht ja was, um den Eimer mit Häme aufzuhängen, den man über der Band ausschütten möchte.
Richtig kompliziert wird die Sache aber erst, wenn man etwas Positives über Retrorock schreiben möchte. Denn auch wenn der Rezensent sie nicht erwähnt, so bleiben die Argumente aus dem letzten Absatz ja - vielleicht außer der Frisur und dem Hund - immer noch offensichtlich. Die Aufgabe besteht also darin, gegen die Regeln der Kunst, gegen alle Logik und gegen die Auflagen der Geschmackspolizei eine Band zu verteidigen, deren Nichtauftauchen im Zweifel niemand bedauert hätte. Glücklicherweise sind Rose Hill Drive jeden Schweißtropfen auf der Stirn, den dieser Kraftakt fordert, wert. Auf den ersten Blick wird hier zwar nichts anderes als ein weiteres Album mit Siebziger-Rock in hautengen Schlaghosen geboten. Doch schon dieser simple Satz verbirgt eine große Stärke des Trios aus Boulder, Colorado.
"Moon is the new Earth" funktioniert nicht nur als eine Sammlung durchweg gelungener Songs, sondern auch als Gesamtkunstwerk. Schon der Eingangsrocker "Sneak out" lässt aufhorchen, auch wenn der Hörer noch gar nicht recht merkt, warum. In dem Bogen, der sich dann über drei Songs spannt, dekoriert die Band die Boxen mit Batik-Tüchern, Räucherstäbchen, Kifferutensilien und ein paar Getränkeflaschen. Ganz beiläufig schauen die Queens Of The Stone Age mal ums Eck, dann ist es so weit: "Trans Am", eine Hymne auf den amerikanischen Opel Manta, knallt aus den Boxen und hängt sogar den "Boogie van" von Fu Manchu locker ab. Rose Hill Drive laden die Atmosphäre mit immer mehr Sex, Drugs and Rock'n'Roll auf. Die Kollegen von den Masters of Reality horchen hier und da mal auf, dann fragt sich Death Metal Eagle Jesse Hughes, warum ihm dieser Dreh nicht eingefallen ist?
"Do you wanna get high?" ist da nur noch eine rhetorische Frage, und bevor die Gedanken vollends abschweifen, wird auch klar, was Rose Hill Drive von der Standard-Retro-Ware abhebt. Die Siebziger Jahren waren eben nicht nur Woodstock-Nachbeben, Hippies mit Stromgitarren und die immer gleichen Hits auf immer anderen Rock-History-Compilations. Sondern auch die Nachbeben von Altamont, Herointote und Bakshi's "Fritz the cat". Das transportiert "Moon is the new Earth": Dreck, Schatten und mehr als einen Hauch von Gefahr. Authentizität, die auch mal weh tut. Das gibt einem wahrlich das Gefühl zurück.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Sneak out
- Altar junkie
- Trans Am
- Do you wanna get high
Tracklist
- Sneak out
- Altar junkie
- Laughing in the streets
- Trans Am
- A better way
- My light
- The 8th wonder
- One night stand
- Godfather
- Do you wanna get high
- I'm on to you
- Always waiting
Referenzen
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- Rose Hill Drive (10 Beiträge / Letzter am 04.11.2021 - 03:18 Uhr)