Jupiter One - Jupiter One

Cordless / Rykodisc / Rough Trade
VÖ: 18.07.2008
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Auf dem Notenstrich

Brooklyn, New York. Das Sirenengeheul der Polizeiwagen schallt durch die Boroughs. In einer spärlich beleuchteten Gasse lehnen Stahlkisten auf abgeranzten Kunstledercouches. Sie enthalten Songs der Band Jupiter One. Für die Band muss sich ihr jetziges Dasein anfühlen, wie ihr persönlicher Strich, eine Art Notenlichtmilieu. Ihre Musiktitel werden aus Plattenläden ausgegrenzt, wie sonst nur Prostituierte aus dem sozialen Leben. Stattdessen wechseln die Songs für einen unbekannten Geldbetrag den Besitzer. Auch der wohl zahlungskräftigste Kunde dieser musikalischen Amüsiermeile in Redwood City, Kalifornien, der Videospielvertrieb Electronic Arts, flaniert hier ungeniert, um insbesondere Songs von Jupiter One auszubeuten - für Xbox & Co.

Ist das nun ein Segen für "Jupiter One" oder doch eher ein Fluch? Blicken sie mit einem gierigen Funkeln in ihre Brieftaschen, während ihr Song "Fire away" das Autorennen "Burnout Paradise" untermalt? Erfüllt es sie mit einem gewissen Stolz, das sanfte, gegen Ende fast sakrale "Unglued" in "Fifa 08" oder das mit Achtziger-Jahre-Synthies und -Gitarren durchtränkte "Turn up the radio" in "NHL 08" zu hören? Oder überwiegen doch Scham und nagende Selbstzweifel darüber, dass das wavige "Countdown" für ein paar Kröten an eine breite Masse desinteressierter Menschen publiziert wird, die "Madden NFL 08" zocken? Jupiter One haben sich den Strich nach außen mittlerweile schön geredet. Selbstschutz. Das Geld sichert ihre Existenz und vielleicht hilft es dabei, irgendwann ein paar Songs wohlbehütet auf einer 7inch heranwachsen zu lassen oder in einem Schwarm von kleinen, experimentellen Rockern auf einer LP zu veröffentlichen. Ohne die "Hilfe" von Games zu beanspruchen.

Ziel muss es sein, den teils sehr experimentierfreudigen Songs eine Existenz abseits der determinierten Vermarktung zu bieten. Und in der Tat: Einige Titel greifen nach dem üblichen Strophe-Refrain-Prinzip gegen Ende eine völlig andere Richtung auf und gleiten sphärisch durch die letzten Sekunden des Songs. Das ebenso an Bloc Party wie an Jose Gonzalez erinnernde "Mystery man" und das mit Geigen und Querflöten hervorragend durcharrangierte "Kamikaze pilots" sind zwei Titel, die es wert sind, den Greifohren des Neokapitalismus verwehrt zu bleiben und nicht zur Hintergrundmusik eines animierten Football-Spiels zu werden. "Platform moon", mit dem wohl besten Gitarrenpart des Albums, hat es immerhin geschafft, nicht aus drittklassigen Discounter-PC-Boxen dröhnen zu müssen - dafür wurde der Song der Automobilindustrie als Werbetrack zugänglich gemacht. Die Gefahr, dass noch weitere Songs des Albums für irgendwelche Zwecke prostituiert werden, bleibt also allgegenwärtig. Eigentlich müsste das bei Jupiter One für Schweißausbrüche und schlaflose Nächte sorgen - doch ist der Ruf erst ruiniert ...

(Stephan Müller)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Countdown
  • Platform moon
  • Mystery man
  • Kamikaze pilots

Tracklist

  1. Intro for Ani Enorda
  2. Countdown
  3. Moon won't turn
  4. Unglued
  5. Mystery man
  6. Turn up the radio
  7. Platform moon
  8. Wrong line
  9. Fire away
  10. Kamikaze pilots
  11. Way to the floating hospital/The miracle of flight
  12. Umbrellas
  13. Summer song
Gesamtspielzeit: 58:02 min

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