
10000 Women Man - Drunk love
HKM / RoadrunnerVÖ: 18.06.2001
Hund im neuen Revier
Es ist einfach kaum zu glauben: Dieser Mann, Marc de Backer, seines Zeichens Bandleader von 10000 Women Man, soll dereinst bei Kapellen wie Mucky Pop und Dog Eat Dog tätig gewesen sein. Dem aktuellen Werk \"Drunk love\" hört man das in keiner Sekunde an. Wer auf der Suche nach \"No fronts 2\" ist oder wer wissen möchte, wie Dog Eat Dog ohne Gebläse klingen, muß die Suche an anderer Stelle fortsetzen. Hier wird er garantiert nicht fündig. Stattdessen gibt es im besten Wortsinn zeitlose Rockmusik. 10000 Women Man laufen keinem Trend hinterher, versuchen aber auch keinen zu kreieren und sind gerade deswegen unmöglich zu kategorisieren.
Auf einem gesunden Boden aus unspektakulärer und verläßlicher Rhythmusarbeit wächst ein Gitarrendickicht - dicht, aber nicht undurchdringlich - und mit Dornen, die zwar kratzen, aber keine tiefen Wunden reißen. Ein paar kakteenartige Äste sind auch dabei, und tatsächlich ist wie bei \"Fading away\" ab und zu ein Hauch Wüstenwind zu spüren. Der klingt zunächst nach Hopkinsscher Schule, macht dann einen kleinen Zwischenstop im Achtziger-Hardrock, dem aber auf der Soundseite glücklicherweise keine Ehre erwiesen wird. Wenn man es gar nicht mehr erwartet, schlägt ein einzelner Josh Homme-Akkord da ein, wo wann das Ende der Steigerungen schon vor Augen hatte. Die saftigeren Äste im Gitarrengestrüpp tragen sattgrüne Blätter, die ein bißchen nach Progressive Rock schmecken, aber zum Glück nicht so klebrig sind.
Die Gesangstimmen, die unter diesem Buschwerk wachsen, saugen die Melancholie aus dem dunklen Boden und beleuchten mit ihrem schwarzen Licht die düsteren Seiten der Songs. Das Leben ist nicht hoffnungslos, aber sehr oft sehr schwer. In der grollenden Stimme paaren sich amerikanische Einflüsse mit Radiohead in der \"Pablo honey\"-Phase. So entstehen große Spannungen, überraschenderweise aber keine Brüche in den Songs. Genau dieser Eindruck überträgt sich auf das ganze Album.
Eine Sommerplatte ist \"Drunk love\" sicherlich nicht geworden, herbstliche Stimmungen überwiegen. Die Lethargie eines schwül-heißen Juli-Nachmittags will einfach nicht so recht zu \"Drunk love\" passen. Aber die Zeit dieses Albums wird kommen: Der November kommt schneller als man denkt und fängt ja oft genug schon im September an. Eine angemessenere Kulisse als finstere Regentage nämlich könnte man sich für die betrunkene Liebe kaum wünschen.
Highlights & Tracklist
Highlights
- The right words
- Divorce
- The Flow
- Dislocation
Tracklist
- The right words
- Ready to go
- Fading away
- Divorce
- Nowhere to hide
- Right through
- The Flow
- Dislocation
- I feel for you
- Walk away
- Drunk love