Quiet Village - Silent movie

!K7 / Al!ve
VÖ: 25.04.2008
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Cheesy Rider

Meeresrauschen, Möwengeschrei, ein Liebespaar, das die Strandpromenade entlangschlendert. Er mit Föhnfrisur, lässig übergeworfenem Kaschmirpullover und weißen Slippern an den Füßen. Eben einer, der es nach ganz oben geschafft hat. Sie eher der romantisch-verspielte Typ von geradezu überirdischer Schönheit, mit dunkler Lockenpracht, luftigem Sommerkleid und Augen wie ein Kohleofen. Was wie eine Kitschphantasie von Rosamunde Pilcher klingt, ist nichts anderes als der Film, der bei "Victoria's secret", dem Eröffnungsstück von "Silent movie", vor dem inneren Auge abläuft. Mit Palmen, die sich an der Mittelmeerküste im Wind wiegen, einer roten Sonne, die bei Capri im Meer versinkt, zahnlosen, aber grundgütigen Fischern und Luxusyachten, die zu Oboe und süßen Streichern auf den Wellen schaukeln. Hach, isses nich schön?

Derart paradiesische Idylle entwerfen Joel Martin und Matt Edwards, alias Quiet Village, auf "Silent movie" gleich reihenweise. Der eine ist Jäger und Sammler in Sachen Vinyl, der andere Techno-Produzent, und gemeinsam ist ihnen die Liebe zu Soundtracks, die sie für ein paar Maxis und nun ein ganzes Album gesamplet, geloopt, bearbeitet und neu zusammengesetzt haben. Der Film, den die beiden auf diese Weise gebastelt haben, ist kein Krimi, der in dunklen, engen Gassen spielt, sondern ein Roadmovie, in dem jemand durch weite Panoramen fährt und die Freiheit genießt. Denn dank Slow-Motion-Rhythmen, Streicherflächen und Halleffekten besitzen die zwölf Stücke auf "Silent movie" eine große Räumlichkeit, in der sie frei atmen und sich entspannen können.

"Circus of horror" scheint da mit seinen 70er-Rockgitarren zunächst eine Ausnahme zu bilden. Aber auch dieser Track rollt auf seinen orchestralen Elementen, Flöten und psychedelischen Chorstimmen über eine endlose Straße und markiert den Aufbruch zu einem Selbstfindungstrip. In dessen Verlauf süffelt "Pacific rhythm" einen karibischen Cocktail, "Broken promises" legt sich mit einer unbekannten Schönen zu einer Liebesnacht ins Bett, aus dem das stark an The Alan Parsons Project erinnernde "Pillow talk" mit viel Nachdenklichkeit wieder aufsteht. Als dramatischer Wendepunkt erweist sich "Can't be beat", dessen langsamer, stetig klopfender Housebeat von einem Dämon bedrängt wird, der mit heruntergepitchter Stimme auf ihn einspricht.

Einziger bedauerlicher Geschmacksabsturz ist der düdelige New-Age-Verschnitt "Utopia". Natürlich ist auch der Rest Easy Listening oder Chill Out, der statt Bossa Nova eben Soundtracks bemüht und stets nah am Kitsch ankert. Trotzdem ist "Silent Movie" nicht etwa beliebiges Gedudel, sondern eine Erzählung, die sich nicht schämt, auch mal zu schwelgen. Joel Martin würde übrigens gerne das nächste Motörhead-Album produzieren. Lemmy im weißen Anzug mit Slippern unter den Palmen von Cannes? Das werden wohl nicht mal Quiet Village schaffen.

(Harald Jakobs)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Victoria's secret
  • Pillow talk
  • Can't be beat

Tracklist

  1. Victoria's secret
  2. Circus of horror
  3. Free rider
  4. Too high to move
  5. Pacific rhythm
  6. Broken promises
  7. Pillow talk
  8. Can't be beat
  9. Gold rush
  10. Singing sand
  11. Utopia
  12. Keep on rolling
Gesamtspielzeit: 60:00 min

Im Forum kommentieren

Harald

2008-06-21 10:57:56

@dorsch: Schade, dass sie Dir nicht gefällt. Aber könntest Du sagen, was genau Dich daran stört? Wäre hilfreich für's weitere Schreiben.

dorsch

2008-06-21 08:59:56

so ein hammer album, aber die rezi? nicht mit dem album vergleichen, na ja...

heidl

2008-06-09 23:12:07

ja find ich auch! 8/10
und keine rezi? ts....

klostein

2008-05-15 08:51:13

Wollte ich soeben aufmachen! Klasse Album!

Pascal

2008-05-15 03:22:55

@Dän: Fängst Du jetzt auch an?:) Hab hier in dem Thread gedacht, ich könne mich geschickt unangreifbarer machen, war mal wieder nix... Übrigens, was immer Du auch in nächster Zeit machen wirst, hör Dir die No Age an, am besten von Platte, da wirken die Drums noch um einiges druckvoller. Müsste Dir als "The body the blood"-Fan mehr als gefallen.

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