Modey Lemon - Season of sweets

Birdman / Rough Trade
VÖ: 16.05.2008
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Candymans Fluch

Sauer macht lustig, sollte man meinen. Wer aber schon mal Bekanntschaft mit Modey Lemon aus Pittsburgh gemacht hat, dürfte für diese Weisheit nur noch ein zahnloses Grinsen übrig haben. Zu heftig war die Kollision mit den bisherigen drei Alben der Band, als dass es da noch viel zu lachen gegeben hätte. Auch wenn "The curious city" 2004 zumindest im Modey-Lemon-Sinne stellenweise so was wie Pop versuchte. Und natürlich nicht richtig hinkriegte. Die dreijährige Pause danach erschien trotzdem folgerichtig, denn insgeheim hatte man schon lange darauf gewartet, dass das Trio mit einem großen Knall explodiert. Weit gefehlt: Modey Lemon haben sich nur so lange versteckt, damit sie einen möglichst unerwartet anfallen können. Mit einer wie üblich essigsauren Platte, die dann ausgerechnet "Season of sweets" heißt. Und jetzt bitte nicht versuchen, sich da noch auszukennen. Es hat ohnehin keinen Zweck.

Denn die Quadratur der Rockmusik beherrschen Modey Lemon immer noch meisterhaft. Ein Stück wie "The bear comes back down the mountain" trauen sich andere Bands vielleicht gegen Ende eines Albums zu, weil sie vermuten, dass der Hörer da bereits reizüberflutet genug ist und sich deswegen auch den abwegigsten Plunder vorsingen lässt - auf "Season of sweets" ist dieses fiebrig rotierende Stück Musik gerade gut genug als Opener. Veitstanzendes Tribal-Schlagwerk, bodenlos übersteuerte Gitarren und Schaltkreise am Rande des Wahnsinns drehen sich drei Mal gegen den Uhrzeigersinn um die eigene Achse, bevor sie endgültig in Flammen aufgehen. Und wenn Phil Boyd später gebetsmühlenartig "Cut out your tongue, and it made you dumb" wiederholt, könnte man das tatsächlich vorübergehend für eine gute Idee halten. Allerdings nur so lange, bis man erkennen muss, dass es auch Lappen gibt, die man nicht irgendwann wiederkriegt, wenn sie erst einmal weg sind.

Doch irgendwie windet sich aus dieser streng riechenden Bluthochzeit von Garage-Punk und auf links gezogenem Rock'n'Roll mit eckigen Schaltkreisen doch eine gewisse Eingängigkeit, man ist fast geneigt zu sagen ein Groove heraus. Einen stählern marschierenden, auf Muskeln und Knochen reduzierten Rocker wie "Become a monk" mochte man Modey Lemon schon gar nicht mehr zutrauen, doch selbst den kriegen sie im Rahmen dieses Albums noch hin. "Sacred place" täuscht kurz eine entschleunigte Version von LCD Soundsystems "North American scum" an, doch leider hat irgendein Witzbold den Tanzboden mit Spannbeton und Fliegenmaden präpariert. Und wer beim psychedelisch ausschleichenden "Live like kids" immer noch glaubt, dass die bösen Kleinen doch nur spielen wollen, wird bald sehen, was er davon hat: die ganze Wohnung voller blutiger Bonbonsplitter, besudelter Eierwaffeln und gesprengter Schokoriegel nämlich. Aber nach dem Saubermachen schiebt man "Season of sweets" erst recht noch mal in den Player. Und nickt dann zufrieden, wenn es nach einem weiteren Durchlauf dieser markerschütternden Platte wieder genauso aussieht. Mindestens.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • The bear comes back down the mountain
  • It made you dumb
  • Become a monk

Tracklist

  1. The bear comes back down the mountain
  2. The peacock's eye
  3. It made you dumb
  4. Sacred place
  5. Become a monk
  6. Ice fields
  7. Milk moustache
  8. Season of sweets
  9. Live like kids
Gesamtspielzeit: 47:24 min

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  • Modey Lemon (6 Beiträge / Letzter am 05.01.2007 - 14:24 Uhr)