Munk - Cloudbuster

Gomma / Groove Attack
VÖ: 30.05.2008
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Münchener Freiheit

Ach München, was hast Du uns nicht alles zugemutet in der Vergangenheit: Ede Stoiber und den Transrapid; Lothar Matthäus und das P1; Oktoberfest und "Resi, i hol di mit'm Traktor ab". DAS, München, werden wir Dir niemals verzeihen. Aber Gott sei Dank bist Du nicht nur Gestotter, Fußball-Schickeria und miese Schlagermusik. Nein, wenn Du nur tüchtig willst, kannst Du auch anders. Siehe Mehmet Scholl, Compost Records und Munk. Okay, Dribbelgott Scholl ist im Ruhestand und der Future Sound of Jazz wurde zwischenzeitlich von der Gegenwart eingeholt. Aber Mathias Modica und Jonas Imbery haben mit ihrem Label Gomma und dem Bandprojekt Munk nicht nur die Punk-Funk-Welle mit losgetreten, sondern es mit dem Munk-Debüt "Aperitivo" 2004 gleich noch bis zur Lieblingsband der Modewelt geschafft. Außerdem halten die beiden den Underground-Regisseur Klaus Lemke jung, damit der auch weiterhin so schnoddrige Promotexte in seine kaputte Schreibmaschine hacken kann wie gerade für "Cloudbuster" geschehen: "Die Gomma Jungs zelebrieren mit zartfühlender Herablassung eine gewisse münchenspezifische Mürrischkeit, die das sichere Zeichen für Sexbesessenheit ist".

Von Orgien im Studio ist zwar nichts bekannt, dafür wirkt auf ihrem neuen, zweiten Album neben Matty Safer von The Rapture auch Asia Argento mit. Und wie es sich für eine italienische Schauspielerin gehört, injiziert sie der ersten Single "Live fast! Die old!" flüsternd, hauchend, bettelnd, schreiend, am Piano rüttelnd oder cool bleibend eine Leichtigkeit und Lebensfreude, für die man wohl jenseits der Alpen geboren sein muss. Auch der Rest des – zur Hälfte instrumentalen – Albums lebt von dieser absoluten Lässigkeit, die schon alles gesehen hat und einfach jede Minute des Lebens in vollen Zügen genießt. Ob "Down in L.A.", "You never see me back down" oder "The rat race": Alle tragen diesen entspannten, groovenden Discobeat an den Füßen, dazu ein schickes T-Shirt mit Handclaps drauf und lecken an einem fruchtigen Pianoeis. Dazu knattert dann wie in "The rat race" auch mal eine Gitarren-Vespa vorbei, während im Hintergrund ein paar Kinder auf irgendetwas herumklöppeln.

"Cloudbuster" kann aber noch ein paar Dinge mehr. "Under kontrol" erlaubt sich einen kleinen Synthie-Freakout, und "Bohemian mud strut" schlurft in zu großen Hosen durch die Wohnung und nuschelt dabei unverständliches Zeug in den eigenen Pullover. Dazwischen huschen als Zwischenspiele eine Psychedelic-Band, eine Easy-Listening-Combo und obskure Filmsamples durchs Bild. Und zum Abschluss entschwebt "The knights of Heliopolis" nach dem spannungsgeladenen "Psycho magic" auf einem Flötenteppich in die Wolken. Disco, Krautrock, Psychedelia und Filmsoundtracks sind die Eckpfeiler, zwischen denen Munk sich mit "Cloudbuster" bewegen. Mit Punk hat das Album im Gegensatz zum Debüt allerdings allenfalls in der Haltung zeitgenössischen Elektronikproduktionen gegenüber noch etwas am Hut, deren digitaler Klarheit und Sauberkeit Modica, der das Projekt Munk mittlerweile alleine betreibt, ein bisschen analogen Dreck entgegensetzen wollte. Solange einem jemand mit einem solch strahlenden Lächeln und so viel Groove ein Pfund Dreck ins Gesicht wirft, lässt man sich das auch gerne gefallen - und hat München plötzlich wieder lieb.

(Harald Jakobs)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Live fast! Die old!
  • The rat race
  • Psycho magic
  • The knights of heliopolis

Tracklist

  1. Live fast! Die old!
  2. Down in L.A.
  3. Interludus #1
  4. You never see me back down
  5. The rat race
  6. Under kontrol
  7. No milk
  8. Bohemian mud strut
  9. Monopteros
  10. Interludus #2
  11. Il gatto
  12. Psycho magic
  13. Interludus #3
  14. The knights of Heliopolis
Gesamtspielzeit: 47:22 min

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