Willard Grant Conspiracy - Pilgrim road
Glitterhouse / IndigoVÖ: 02.05.2008
Unter dem Jakobsweg
Der arme Robert Fisher: Gestraft mit dem Schicksal eines Künstlers, der qua Überzeugung die Augen am liebsten auf Umwelt und Umstand richtet, muss er sich auf dem neunten Album seiner Band Willard Grant Conspiracy nun endlich um den Sinngehalt seiner eigenen Existenz kümmern. Bekümmert haucht er den zentralen Vers: "Where ist my god and savior? / Where is my great deceiver?", mit der Unterstützung eines herzerweichenden Gospelchors in die Nacht hinaus. Die Schwere ist fühlbar, die Sehnsucht nach finaler Antwort unstillbar. Fisher zielt auf Erkenntnis und geht den Kreuzweg.
Die Stimme, so schwer wie eine Tonne Teer, das Piano, so flehend wie ein verlassenes Kind. Eine hilflose Trompete geistert durch die Weiten dieser zehn traurigen Songs und ein erhabener Frauenchor sorgt für den sakralen Unterton. Eine verlassene Geige hellt den Grundton dieses Martyriums nicht eben auf und das Klagelied eines alten Akkordeons schon gar nicht. Wären da nicht die ergreifenden Melodien des stämmigen Vollbartträgers, die so erbauend und besänftigend über all der Schwere schweben, würde man hier ganz sicher vom zermürbendsten Grabgesang seit "Murder ballads" sprechen.
So weht nicht nur der kalte Hauch vom großen Nick Cave durch "Pilgrim road", sondern auch dessen Hang zum stilvollen Untergang seiner besungenen Protagonisten: "She was never seen on land again / They say she lives in the sea instead / Happy in it's blue embrace" ("Painter blue"). Ein Duft von Vergänglichkeit liegt in der Luft und der Wunsch zur Körperlosigkeit rabenschwarz auf Fishers Zunge. Der romantische Singsang im folkigen "Malpensa" sorgt für einen feinen Schimmer am dunklen Horizont, welcher in der Trauerklage von "Water & roses" schon wieder in der Nacht verschwindet.
"Pilgrim road" ist trotz seiner ausgebreiteten Traurigkeit keine kummervolle Platte. Mit dem Fortlaufen der Songs beschleicht den Hörer eine tief greifende Erleichterung, ein Gefühl der Hoffnung untergräbt die Stimmung unmerklich, und plötzlich blickt man romantisch verklärt aus dem Fenster und genießt den zarten Sonnenstrahl, der auf den Arm fällt. Eine Freude an den Nichtigkeiten des Alltäglichen macht sich breit, und die Luft schmeckt auf einmal besser als gestern. Es ist der große Verdienst einer erhabenen Platte: Sie ebnet den Weg zum Innersten des Hörers. Eine kleine Pilgerung.
Highlights & Tracklist
Highlights
- The great deceiver
- Painter blue
- Verspers
Tracklist
- Lost hours
- The great deceiver
- Jerusalem bells
- The pugilist
- Phoebe
- Miracle on 8th street
- Painter blue
- Malpensa
- Water & roses
- Verspers
Referenzen
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