
Times New Viking - Rip it off
Matador / Beggars / Rough TradeVÖ: 16.05.2008
Noiseorama
Krach nervt. Vor allem Samstag morgens. Wenn man schlaftrunken im Bett die ersten Sonnenstrahlen des Tages zählt und plötzlich der Postbote ununterbrochen an der Tür klingelt, weil er seinen sonst immer vorrätigen Allzweckschlüssel vergessen hat. Oder dann, wenn Rezensionenschreiben auf dem Programm steht, nebenbei aber die Straße aufgerissen wird, weil die örtliche Telefongesellschaft neue Projekte schnell und ohne Rücksicht auf kreative Verluste durchzieht. Negative, gar destruktive Assoziationen noch und nöcher. Der arme, gute Krach, kann man da nur sagen. Denn wieso regieren gleich die Negativ- und Empfindlichkeitsbeispiele? Bedeutet Krach nicht auch Leben? Freiheit? Ungebundenheit? Expressionismus? Spontaneität? Vielleicht sogar Musik?
Dort zumindest findet er sich auch, der Krach, in diesem Fall aber mit fachmännischeren Begrifflichkeiten auf das Genauste definiert. Um sich dem zu nähern, sind die folgenden Sätze eine kleine Suche im Reich der Analyse und Verständnis von trommelfellzersetzenden Tönen. Einen großartigen Anlass, der mit beinahe jedem noch so harschen Ton zu feiern ist, gibt es auch: "Rip it off" von Times New Viking. Eine bisher kaum in Erscheinung getretene Band aus Ohio, deren Mitglieder viel zu jung sind, um Nachnamen zu haben. Deswegen nennen sie sich nur Jared, Adam und Beth und sagen über sich selbst: "Times New Viking play pop songs with guitar keyboards drums." Und sie tun das wie unbedarfte Meister, die sich viel zu schade dafür sind, der Popkultur ihren standardtypischen Dienst zu erweisen.
Times New Viking zersetzen das Nervenkostüm des Hörers und kontern mit einem enorm hohen Wall an Geräuschverzerrungen, die jede noch so kleine Nuance der Lyrics unter sich begraben. Übersteuerungen und Kassettenrekorderbelastung, die den allzeit hoch ausschlagenden Melodienpegel zu keiner Zeit gefährdet. "Rip it off" ist nicht böse, unheilsschwanger oder symbolisch vertrackt. Die Band spielt die wohl größten Power-Pop-Indie-Post-Punk-Chords, seitdem Pavement aufghört haben Vier-Spur-Geräte zu benutzen, Beat Happening sich aufgelöst haben und die Thermals wissen, wie ein Studio von innen aussieht. Man höre alleine "(My head)" oder "The early, 80s", die erst durch das Vielzuviel an Sound durch viel zu wenige Kanäle ihren hohen Leidenschaftsfaktor preisgeben. Inspiriert, unweigerlich und mehr als deutlich ins Auge stechend, von The Velvet Underground. In der teils minimalistischen Gitarrenarbeit und dem Wissen, dass böse geschnittene Fratzen nicht immer gleich zu disharmonischen Ergebnissen führen müssen.
Wer sich nun fragt, ob man "Rip it off" nicht ein wenig wohliger hätte gestalten können, mit einem kleinen Dreh an ein paar hübschen Reglern, dem muss der Rezensent unweigerlich eine Abfuhr erteilen. Denn die beißende Geräuschkulisse ist die heftig pulsierende Lebensader der hier versammelten sechzehn Tracks, die wie ein nicht enden wollender Rausch ineinander übergehen. Hier geht es um Emotionen, die in jeder noch so anschaulichen Facette festgehalten sind und jeder Form von Verfälschung den bewussten Garaus macht. "Rip it off" ist eine 31-minütige Antwort auf alle Fragen - ist Leben, Freiheit, Expressionismus und Spontaneität. Es dürfte jeden noch so nervenden Briefträger ein für allemal in die Flucht schlagen.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Teen drama
- (My head)
- The early, 80s
- Another day
Tracklist
- Teen drama
- (My head)
- RIP allegory
- The wait
- Drop - out
- Come together
- Faces on fire
- Relevant: now
- The early, 80s
- Mean god
- Another day
- The apt.
- Off the wall
- End of all things
- Times New Viking vs. Yo La Tengo
- Post teen drama
Im Forum kommentieren
geologist
2009-07-07 17:31:39
http://www.matadorrecords.com/matablog/
neues album
collin
2008-05-22 10:52:50
Beides ist Soundbrei!
markus w.
2008-05-22 10:31:27
Ich auch nicht, Mixtape.
Mixtape
2008-05-22 06:34:26
Ich sehe zwischen den beiden Alben eigentlich gar keine Parallelen.
Pascal
2008-05-22 05:51:21
Kauft Euch beide;)
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