Neva Dinova - You may already be dreaming
Saddle Creek / IndigoVÖ: 25.04.2008
Von unten
Wir haben es ja verstanden: "It'so hard, hard, hard." Jake Bellows singt es drei Mal, bis man ihn schon anfahren und "Ja, was denn jetzt?" meckern will. Er kommt dann aber doch zur Sache, fügt "To love your body from the ground" an, und schon betrachtet man die Welt wieder aus der Lieblingsperspektive aller Saddle-Creek-Bands und Plattentests-Mitarbeiter: dem Fußboden einer Kneipe. Die Gitarre schrummt dazu pflichtbewusst, das Klavier spielt am Song vorbei - wenn jetzt noch jemand den guten Bellows vor die Tür kehren würde, fühlte man sich wieder ganz zu Hause im mittleren Westen des amerikanischen Folkrocks. Neva Dinova sind dort eine Band aus guten Bekanntschaften und Querverweisen, bei denen Social-Networking-Profis anerkennend mit den Ohren schlackern müssen. Sie kennen jeden, haben alles schon gesehen und singen jetzt auch für Europa darüber.
Bellows gehört zum erweiterten Kreis von Conor Obersts Bright Eyes, Neva Dinova haben schon eine Split-EP mit ihnen aufgenommen. Drummer Roger Lewis verdient das große Geld außerdem bei The Good Life. Und wenn man erst mal so viel weiß, ist auch keine nennenswerte Vorstellungskraft mehr nötig, um sich das dritte Neva-Dinova-Album "You may already be dreaming" auszumalen. All das Elend auf der Welt fließt hier von sechs Gitarren-, vier Basssaiten und einem Schlagzeug-Kit in geduldigen und Geduld fordernden Songs zusammen. Bellows singt dazu wie ein weniger geplagter Will Sheff (Okkervil River) und legt die eigene Biografie als rustikale Tragikomödie aus: Wenn ihm bei einer Barschlägerei das linke Ohr kaputt geht, wird nicht groß rumgeheult, sondern ein Song daraus. Neva Dinova nennen ihn "Squirrels" und halten ihn 30 Sekunden lang unter Wasser, damit das auch jeder nachvollziehen kann.
Mittlerweile ist Bellows Hörvermögen wieder so weit hergestellt, wie man bei einem Rockmusiker von "vollständig" sprechen kann. "You may already be dreaming" konnte deshalb zu einer Platte werden, die sich vor allem über ihre bedächtig ausgesuchten, lauten Momente definiert: Das schwerwiegende "Clouds" hat hier die erste E-Gitarre mit größerer Saugkraft, und "What you want" verwickelt die Band in kurze Anflüge von Leichtigkeit. "It's hard to love you" knüpft da an und knickt einmal kurz ein, bevor sich schließlich alle Kräfte im unvermeidlichen Großes-Drama-Song bündeln, der den letzten Rest Weltschmerz wegwischt und hier sogar "Apocalypse" heißen darf. Es wirkt leider arg gestelzt und immer auch umständlich, wenn Neva Dinova mit solchen Begriffen hantieren. Auf dem dreckigen Fußboden einer Kneipe wäre es wohl hilfreicher, sich erst mal an die Nummer der nächsten Taxizentrale erinnern zu können.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Clouds
- What you want
- It's hard to love you
Tracklist
- Love from below
- Will the ladies send you flowers
- Clouds
- Supercomputer
- Tryptophan
- Squirrels
- She's a ghost
- Someone's trippin'
- What you want
- Funeral home
- It's hard to love you
- No one loves me
- Apocalypse
- A man and his dream
Referenzen
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