Does It Offend You, Yeah? - You have no idea what you're getting yourself into...

Virgin / EMI
VÖ: 11.04.2008
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Dr. Jekyll & Mr. Hyde

Man kennt diese Pärchen ja zur Genüge aus der Literatur- und Filmhistorie: Clark Kent und Superman, Peter Parker und Spider-Man oder eben Dr. Jekyll and Mr. Hyde. Eben noch hauptberuflich Briefmarkenbefeuchter im Postamt zu Petting. Einen Augenblick später schon die Welt rettender Superheld oder aber gesichtsdeformierter Jungfrauenschlächter mit einer Schrumpelhaut, wie man sie nach einer dreiwöchigen Intensivkur mit der Pflegeserie von Uschi Glas nicht schöner hinbekommen würde. Und tatsächlich hat man, nach den Gesichtern im Booklet zu urteilen, bei Does It Offend You, Yeah? eher die Sprösslinge Freddy Krügers vor sich als Models für Zahnpflegeprodukte. Zum Glück für die vier Briten aus Reading sind ihre Zombiekonterfeis aber bloß Comiczeichnungen nach Art von So Me, dem Covergestalter des Pariser Krachschlägerlabels Ed Banger, mit dem Does It Offend You, Yeah? mehr als nur die Coverästhetik teilen.

Denn der Sound von "Battle royal", dem instrumentalen Opener ihres Debütalbums "You have no idea what you're getting yourself into…", ist deutlich an den Breitwandelectro von Justice angelehnt. Scheppernde Hi-Hat, stampfende Bratzbeats und dazu Synthies, die zwischen fiependen Störgeräuschen und pathetischem Jubilieren schwanken - fertig ist die "Let there be light"-Kopie. "With a heavy heart (I regret to inform you)" und "We are rockstars" bleiben danach zwar beim Soundtrack für die Abrissparty, fügen den Schrottpressensounds und Daft-Punk-Referenzen - Stichwort: Vocoderstimme - aber messerscharfe Gang-Of-Four-Gitarren hinzu. Klingen Does It Offend You, Yeah? bis hierhin, als würden sie ihre Instrumente nicht erst am Ende eines Konzerts zertrümmern, sondern nach jedem Lied, schwenkt die Band mit "Dawn of the dead" unvermittelt um auf hymnenhaften Boygroup-New-Rave à la Klaxons. So als würde Mr. Hyde sich wieder in den schwiegermutterkompatiblen Dr. Jekyll zurückverwandeln.

Diese Janusköpfigkeit prägt dann auch den Rest des Albums. Das witzige, aber auch etwas nervige Zwischenspiel "Attack of the 60 ft lesbian octopus" imitiert einen Horrorfilmscore. Anschließend wetzt "Let's make out" mit extremen Verzerrungseffekten und "Let's make out / Let's make out / Let's make out"-Schreiorgien noch einmal die Messer, bevor die Platte mit zwei sehr eingängigen, aber auf ein und derselben Idee herumreitenden Scha-La-La-Stücken ihrem Ende entgegenschunkelt. Ganz als ob Vati nach all dem Massenmördergekreische ins Kinderzimmer gekommen sei, um die bösen Jungs zu ermahnen, mal bitte nicht ganz so laut zu sein. Die Stärken von Does It Offend You, Yeah? liegen aber nun mal dort, wo sie ungehindert Lärm produzieren dürfen. Solange sie sich auskotzen und den Hulk machen, sind sie genau richtig für die nächste Electro-Trash-Party. Wenn sie sich aber zu einem "Wie schreibe ich einen garantierten New-Rave-Hit mit cheesy Jubelchören?" entschließen, kann man zwar dem Zweck des Albums entsprechend weitertanzen, aber sich ebenso gut für ein Bier anstellen. Manchmal ist die dunkle Seite der Macht eben die bessere.

(Harald Jakobs)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • With a heavy heart (I regret to inform you)
  • We are rockstars
  • Let's make out

Tracklist

  1. Battle royale
  2. With a heavy heart (I regret to inform you)
  3. We are rockstars
  4. Dawn of the dead
  5. Doomed now
  6. Attack of the 60 ft lesbian octopus
  7. Let's make out
  8. Being bad feels pretty good
  9. Weird scene
  10. Epic last song
Gesamtspielzeit: 38:30 min

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