Pete Philly & Perquisite - Mystery repeats

Anti / SPV
VÖ: 15.02.2008
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Verdammtes Amsterdam

Kleiner Abriss zu Mainstream-HipHop heute: Dünne Möchtegern-Drogendealer, gekünstelte Silikonbabes und jede Menge blasser Modeschmuck. Das, was einst das Musikgeschehen revolutionierte und sich in nahezu jede Musiksparte vorästeln konnte, sonnt sich dieser Tage in selbstzufriedener Sättigung. Als fester Bestandteil medientauglicher Kultur scheint die Kunstform HipHop nun in genau solch einer Sackgasse gelandet zu sein, aus der er seine ersten Vertreter herausführen sollte. Wenn überhaupt noch etwas blüht, dann höchstens der Underground.

Massen-HipHop ist tot, aber lange lebe HipHop, weswegen sich mit Vocalist Pete Philly und Produzent Perquisite wieder einmal zwei fanden, die der Musik die verloren gegangene Kreativität zurückgeben wollen. Und dies versuchen sie auf ihrem Album "Mystery repeats" auf höchst anspruchsvolle Art. Denn statt mit flotten Schlitten und dicken Knarren zu posen, wollen die beiden Holländer mit der breiten Klaviatur verschiedener musikalischer Ausdrucksmittel glänzen. Ob es nun bedachter Jazz, karibische Rhythmen, klassische Klänge oder Schlafzimmersoul ist, der den Sprechgesang begleitet - die große Symbiose ist alles.

Ob das internationale Gewimmel ihrer Homebase Amsterdam da sein Scherflein beigetragen hat, bleibt Spekulation. Zumindest Klischées von Tulpen und käsiger Blässe mag man beim Hören des Albums aber schnell über Bord schubsen. Der Beginn ist mit der Beatbox-Ansage von "Clap kick flow" und dem standesgemäßen biographischen Abriss "Womb to tomb" bleibt noch der Old School treu, bevor ein gedankenverlorenes Klimperklavier aus "Fish to fry" in das südamerikanische Trommeln des 2Step "Hectic" mündet. Dieser begegnet dem Hörer im gescatteten "Last love song" wieder, nachdem die ruhigeren Stücke "Believer" und "Awake" zuvor der spirituellen Seele etwas Platz gelassen hatten.

Durchatmen. Jeder Track des Albums ist sehr vielschichtig gebaut, teils über Breakbeats verbunden, teils glatt aufeinander abgestimmt, aber so stets auf unaufdringliche Art dem Bigger-is-Better-Ethos des Albums folgend. Die Crew darf im schief gegeigten, fabulösen "Q&A" aufrühren, beschränkt sich sonst aber auf das Säuseln der Zweitstimmen. Flamenco und Free-Jazz tönen im loungigen "Traveller" und klassische Leichtigkeit umgibt "Time flies", während "Empire" im kämpferischen Reggae-Teint gehalten ist. Das flotte "High tide" könnte mit etwas mehr Gitarren gar als kleiner Indie-Rocker durchgehen.

Klar, teils wirkt die softe Ummantelung und glatte Produktion der Tracks zu seicht, "Balance" kann hier als typisch gelten, da es sich wohl doch schon zu stark in seiner Mitte eingemümmelt hat. Erst das kurzlebige, spanische Intermezzo gegen Ende bringt etwas Leben in das Stück. Trotz solcher Schwächen können sich sowohl die Bewohner der brennenden französischen Banlieus, als auch die goldzähnigen Dollargangster aus Amiland etwas von "Mystery repeats" abschauen, um von den blödelnden Bomberjacken hierzulande gar nicht erst zu sprechen. Denn in Amsterdam geht einiges.

(Tobias Wallusch)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Q&A
  • High tide
  • Time flies

Tracklist

  1. Clap kick flow
  2. Womb to tomb
  3. Fish to fry
  4. Hectic
  5. Q&A
  6. Believer
  7. Awake
  8. Traveller
  9. Last love song
  10. Freestyle
  11. Third degree
  12. Balance
  13. Empire
  14. High tide
  15. Mystery repeats
  16. Time flies
Gesamtspielzeit: 58:57 min

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