Clare & The Reasons - The movie

Frogstand / Cargo
VÖ: 25.01.2008
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
5/10

Take Clare

Als sich Leonard Cohen und Phil Spector vor gut 30 Jahren zu den Aufnahmen des Albums "Death of a ladies' man" verabredeten, schien das vor allem eine Ausrede zu sein, um gemeinsam Pizza von Piece O' Pizza essen und Schnaps aus John & Pete's Liquor Store trinken zu können. Die fertige Platte, auf der man außerdem Bob Dylan, Allen Ginsberg und diverse andere Zeitzeugen hören konnte, klang dann auch wie von Männern mit vollen Mägen eingespielt - sie war ein Witz, im Prinzip, aber ein sehr guter natürlich, der unbedingt erzählt werden musste. Nicht zuletzt, damit Menschen wie Clare Muldaur-Manchon heute noch Platten wie "The movie" machen können.

Clares Vater Geoff Muldaur war früher ein großer Folk- und Bluessänger, aber das allein kann nicht erklären, wie die Gästeliste ihres Debütalbums zustande gekommen ist. Sufjan Stevens singt im umweglos zu Herzen gehenden "Nothing/Nowhere", und Van Dyke Parks spielt Klavier im gepuderten Barjazz-Stück "Love can be a crime". Die aufwändigen Streicherarrangements, um die sich alles auf "The movie" gruppiert, stammen allerdings nicht von ihm, das nur für die Joanna-Newsom-Fans. Olivier Manchon, Clares Mann und Mitglied der Backing-Band The Reasons, ist dafür verantwortlich. Er hat sein Bestes getan, um sie so nahe wie möglich an Parks' Idee von Anmut, Grandezza und angebrachter Tapsigkeit heranzuführen, und er hat da einen guten Job gemacht.

Falls also jemals ein F.-Scott-Fitzgerald-Roman als romantische Komödie mit Katherine Heigl und John Cusack in den Hauptrollen verfilmt wird, sollte die Musik dazu von Clare & The Reasons kommen. "The movie" ist eine Geschichte der Dekadenz, ein Album, das alles im Überfluss zu haben scheint, aber nicht immer weiß, was es damit anfangen soll. Der Planeten-Nachruf "Pluto" steht mit gezupften Final-Fantasy-Geigen noch sehr selbstsicher am Anfang und stellt per "New York Times"-Verweis eine erste Verbindung zu Rufus Wainwright her, die später noch wichtig wird. Solche Spagate zwischen musikalischer Präzision und gleichzeitiger unverfälschter Schönheit gelingen "The movie" allerdings nicht immer; manche Gesangseinlage scheint allzu sehr von sich selbst ergriffen, und das luftleere "Go back" bleibt als Song einfach zu farblos, um den betriebenen Arrangement-Aufwand zu rechtfertigen.

"The movie" hat es also unnötig schwer mit sich selbst, weil es jedem Lied ein Kleid mit Strass und Glitzer schneidern will. Nichts darf nackt bleiben oder für sich selbst stehen. Alles soll und kann nur im Kontext der ganzen Platte funktionieren, die immerhin das kleine Wunder vollbringt, mit bescheidenen Mitteln ein ganzes Orchester zu imitieren und sowieso sehr viel teurer und edler klingt, als sie tatsächlich ist. Man muss aber auch arbeiten mit diesem Album, immer aufmerksam bleiben und darf sich niemals bloß berieseln lassen von seiner süßlichen, schein-unschuldigen Musik. Sie entlarvt sich sonst schnell als menschliches Produkt mit allen zugehörigen Liebenswürdigkeiten und Fehlern - und meistens ist das ja nicht nur beim Film das Letzte, was man will.

(Daniel Gerhardt)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Pluto
  • Nothing/Nowhere
  • Alphabet city

Tracklist

  1. Pluto
  2. Nothing/Nowhere
  3. Under the water
  4. Alphabet city
  5. Cook for you
  6. Rodi
  7. Sugar in my hair
  8. Go back
  9. Love can be a crime
  10. Science fiction man
  11. Pluton
Gesamtspielzeit: 46:34 min

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