Black Lips - Good bad not evil

Vice / PIAS / Rough Trade
VÖ: 01.02.2008
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Unter der Grasnarbe

Naturkatastrophen haben heute kaum noch die Lebenserwartung einer Eintagsfliege mit kräftigem Herzen. Sie passieren, das Fernsehen berichtet, dann kommt Werbung und anschließend eine Wiederholung aus der dritten Staffel von "Reich und schön", weil deren Probleme ja eigentlich auch unsere sind. Selbst über Hurricane Katrina wird mittlerweile vornehmlich aus der Nachrufperspektive berichtet: Spike Lee drehte eine 36-stündige Dokumentation, Georgia Anne Muldrow fing das Grauen in Liedform ein, und die Black Lips wären dann jetzt auch so weit. Im fiebrigen "O Katrina!" überbringen sie menschliche Urängste mit einem schmerzhaft direkten, ganz und gar unweinerlichen Text, der praktisch als Livekommentar zu den Ereignissen entstanden ist - sie machen das also so, wie sie schon immer alles gemacht haben.

Es gibt keine Umwege oder Umständlichkeiten für diese Band aus Atlanta, die mit "Good bad not evil" (super Shangri-Las-Zitat) bei ihrer vierten richtigen Platte angekommen ist und weiterhin darauf hindeutet, was aus den Beatles geworden wäre, wenn sie nicht in, sondern auf der Penny Lane herangewachsen wären. 14 Songs passen inklusive Hidden Track und Pause davor in 35 bequeme Minuten, Luft geholt wird höchstens drei gefühlte Mal, und trotzdem verschwindet das Ungezügelte, Psychotische diesmal früh aus den Liedern, um der ureigenen Black-Lips-Auffassung von Popmusik Platz zu machen. Indianergeheul, seltsame Störgeräusche und streng genommen komplett idiotische Gitarrensoli leben natürlich trotzdem weiter wie lästige Untermieter in "Good bad not evil". Das ist ja gerade das Geile.

"I saw a ghost" gewöhnt sich schnell an die Sabotageakte seiner Komponisten - es ist der grün und blau geschlagene Garagenrock, den Black Lips danach kaum noch spielen wollen. Stattdessen verhandelt die Spieglein-an-der-Wand-Geschichte von "Veni vidi vici" aktuelle Glaubens- und Kulturkampffragen mit römischer Geradlinigkeit, während "How do you tell a child that someone has died" sein inneres "Yellow submarine" im traurigen Gedenken an das verstorbene Bandmitglied Ben Eberbaugh zelebriert. Black Lips schieben "Bad kids" hinterher, ein unumgänglicher Autobiographieversuch, der auch noch großkotzig den Hit raushängen lässt. Es mag hier ernste Momente geben und manchmal sogar unter die Grasnarbe gehen. "Good bad not evil" lässt aber auch niemanden vergessen, dass diese Band besonders live ein paar Sachen draufhat, bei denen selbst der Bloodhound Gang vor Schreck die Hoden hoch rutschen.

(Daniel Gerhardt)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • I saw a ghost (Lean)
  • O Katrina!
  • Bad kids

Tracklist

  1. I saw a ghost (Lean)
  2. O Katrina!
  3. Veni vidi vici
  4. It feels alright
  5. Navajo
  6. Lock and key
  7. How do you tell a child that someone has died
  8. Bad kids
  9. Step right up
  10. Cold hands
  11. Off the block
  12. Slime and oxygen
  13. Transcendental light
Gesamtspielzeit: 35:43 min

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