British Sea Power - Do you like rock music?

Rough Trade / Beggars / Rough Trade
VÖ: 18.01.2008
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Können auch anders

Eine Ode an den Bombast. In den seriösesten Musikgazetten weltweit findet man ihn nur noch selten, den verschriftlichten Lobgesang auf einen wohlgestalteten Breitwandsound. Zu viel Schindluder wurde mit dem Spiel in höchstmöglichen Sphären getrieben. Um zu diesem Urteil zu gelangen, sollte man allerdings differenzieren. Denn längst gibt es sie wieder: die Spielgruppen, die sich bestens darauf verstehen, ein Album über alle Maßen vollzupacken, und am Ende mit begeisterten Fans und voller Punktzahl in der Fachpresse dastehen. Es kann nur an rein spekulativen Hintergründen wie der Geschwisterliebe, DNS-Spielerereien oder einem radikalen Einheitsschulsystem liegen, dass die allermeisten Bands und Künstler mit einem zielgenauen Blick über die Ozonschicht hinaus aus den nördlichen Gefilden des Kontinents Amerika stammen. Leider gesellt sich dieser Menschenschlag nur selten über die eigenen Grenzen hinaus, so dass sich sein Talent bisher nur im kleinen Kreis hält.

Unausgereifte Gene oder auch die übergroßen new-wavigen Schatten der Vergangenheit könnten ein Grund dafür sein, wieso die Schere des guten Geschmacks so weit auseinander klafft und Großbritannien in Sachen gutgemachter Bombast nichts mehr wirklich auf die Reihe bekommt. Man leidet dort seit Jahren an einer unbenannten Krankheit, die trotz Bekanntheit der vereinzelten Ursachenträger (Coldplay, Keane, Snow Patrol, etc.) nicht zu bekämpfen oder auszurotten ist. Das mag mitunter daran liegen, dass sich die Erreger (U2, Simple Minds, etc.) schon über Generationen auf den britischen Inseln halten und kommende Musikanten zuerst hinterrücks infizierten. Auch British Sea Power, die selbsternannten Chaoten aus der südenglischen Küstenstadt Brighton, haben sich mit ihrem letzten Album "Open season", auf dem sie die ebenso zerbrechlichen wie großspurigen Hymnen ihres grandiosen Debüts "The decline of British Sea Power" ein Stück weit Richtung vollgepumpte, weichgespülte Belanglosigkeit rückten, keinen Gefallen getan. Auch wenn es nach gelungener systematischer Desensibilisierung an ihre neue Soundorientierung zu guter Letzt doch möglich war, mit ihrem zweiten Album in Freundschaft zu leben, weit weg von den goldglänzenden Erregern.

Wie heißt es aber so schön: "Wehret den Anfängen!" Aus diesem Grund verdient "Do you like rock music?" auch gleich einen Rüffel für den vielleicht dämlichsten Albumtitel des noch arg frischen Jahres - auch wenn man British Sea Powers im bandeigenen Blog dokumentiertes Ansinnen, den geschundenen Begriff der "rock music" zu reaktivieren und die Mitstreiter deshalb in Gut ("Bob Nastanovich", "James Brown", etc.) und Böse ("Nine Inch Nails", "Red Hot Chili Peppers", etc.) zu unterteilen, ruhig mit einem hämischen Grinsen goutieren kann. Sie müssen nur aufpassen, dass sie schlussendlich nicht selbst in letzterer Sparte landen, denn die erste Single "Waving flags" ist ein ungewohnt überkandidelter Reinfall und für angelsächsisch begabte eine textliche Blamage. Ein verzeihbarer Ausrutscher angesichts des grandiosen Liedguts, mit dem "Do you like rock music?" aufwartet. "A trip out" ist ein Monster an Umschwüngen, Hooklines und Rhythmus. Jede dieser geladenen Melodielinien reicht als Gedächtnisfräse für Monate. Mit dem luftig-schrammeligen "Lights out for the darker skies" glänzt das Union Jack. Und das alles wird durch kluge Texte, den intelligenten Idealismus, die wohlgewählte Schonungslosigkeit und eine poetische Herangehensweise, die keinen Vergleich bedarf, nochmals verfeinert.

"No Lucifer", "Canvey Island" und "Open the door" stehen ein für die Definition des saitenstarken Hochmuts der British Sea Power: trotz einer hochhaushohen Wall Of Sound arbeiten sie mit angezogener Handbremse und variieren zwischen abgeguckter englischer neuen Welle und integriertem amerikanischen, psychedelischen Slowcore - den Fokus nicht auf die schiere Masse, sondern auf die dynamischen Verhältnisse gerichtet. Wenn auch ein Verlust von Esprit und Frische im Vergleich zum Debüt nicht von der Hand zu weisen ist, bestätigen British Sea Power mit "Do you like rock music?" doch ihren Ruf als herausstechende Wolkenstürmer. Weit entfernt von glatt poliertem Stadionrock oder sonstiger britischer Einfältigkeit.

(Markus Wollmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Lights out for the darker skies
  • A trip out
  • Open the door

Tracklist

  1. All in it
  2. Lights out for the darker skies
  3. No Lucifer
  4. Waving flags
  5. Canvey Island
  6. Down on the ground
  7. A trip out
  8. The great Skua
  9. Atom
  10. No need to cry
  11. Open the door
  12. We close our eyes
Gesamtspielzeit: 54:44 min

Im Forum kommentieren

Nösayer

2018-02-16 20:39:31

Nönönö.

The MACHINA of God

2018-02-15 05:35:02

Doch.

Nösayer

2018-02-14 17:06:59

Nö.

The MACHINA of God

2018-02-14 16:52:28

Mit Abstand ihr bestes.

The MACHINA of God

2017-04-01 22:23:20

Meine Aussage von vor 4 Jahren hat weiterhin Bestand.

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