Saturday Looks Good To Me - Fill up the room
K / CargoVÖ: 26.10.2007
Von vorgestern
Erstaunlich, aber 2007 war nicht nur das Jahr, in dem jeder noch so kleine Promi-, Polit- und Sport-Beschiss aufgeflogen ist. 2007 war auch und vielmehr das Jahr, in dem der Indierock salonfähig wurde und damit seine eigene Bedeutung in Schwierigkeiten brachte. Arcade Fire, The Shins, Modest Mouse, Stars? Stars. Wider Willen zwar, aber doch Stars eben. Dass es trotzdem noch Leute gibt, die durchrutschen, übersehen oder verkannt werden, liegt in der Natur der Sache, und Fred Thomas findet vielleicht ein bisschen Trost darin. Er ist der entscheidende Mann bei Saturday Looks Good To Me, er hat vor drei Jahren das Album "Every night" geschrieben, das sich heute Atemzüge mit allerlei Klassikern teilen würde, wenn ihm die Leute denn zugehört hätten. Er ist - schlicht und einfach - ein vergessenes Popsong-Genie.
Wo das nun geklärt ist: Die neue Saturday-Looks-Good-To-Me-Platte "Fill up the room" ist höchstens unwesentlich schwächer als ihr Vorgänger. Genau genommen ist sie sogar das gleiche Album nochmal, nur mit anderen Songs. Thomas hat ganz bestimmte Trademarks und Merkmale, die ihn heute unverwechselbar machen - die Hoppelgitarre der frühen Beatles, den Extra-Twang auf allen Saiten oder die unvermittelt hochgezogene Refrain-Stimme, so als hätte ihn gerade plötzlich was ins Herz getroffen. Und wie jeder große Popsong-Autor ist Thomas nicht sparsam mit dem ganzen Kram. Saturday Looks Good To Me ist deshalb ein kleines Kunststück gelungen: Sie haben eine stinknormale Pop-Platte aufgenommen, die klingt wie keine sonst im Moment.
1968 hätte das natürlich noch anders ausgesehen, aber das muss ja nicht das Problem von "Fill up the room" sein. Gleich im ersten Song rutscht Thomas ein spitzer Schrei raus, der nahe legt, dass man sich seine Musik besser aufmerksam anhören sollte. Danach formuliert er im scheinbeschwingten Stolperer "(Even if you die on the) Ocean" oder der siebenminütigen Hetzjagd von "When I lose my eyes" sein angerostetes Popverständnis aus - und muss es nach einem mindestens furiosen Finale von einer Wand runterkratzen, wie man sie höchstens aus schmutzig verzerrten Neutral-Milk-Hotel-Gitarren hochziehen kann. Thomas ist vielleicht von vorgestern, aber das Wissen darum macht er sich auf "Fill up the room" zum größten Komplizen.
Schließlich ist es so: Wer erstmal dasteht als harmloser Aufarbeiter längst verschütteter Popsongformen, kann dieses Image auch nach allen Regeln der Kunst unterlaufen, überwältigen und auf den Arm nehmen. Thomas macht das mit sehn- und fernsüchtigen, manchmal surrealen Liedern, die weg wollen von einer Welt, die sich selbst für normal hält, und dabei oft so melodietrunken und überdreht klingen, dass man niemals von selbst auf solche dunklen Ideen käme. Er hegt heimliche, aber bestimmte Ambitionen als Produzent, Soundmanipulator oder Streicherarrangeur. Und er nimmt seine Songs, sich selbst und das alles so ernst, wie es nur einer kann, der weiß, dass seine Art vom Aussterben bedroht ist. Man gewinnt Titel mit dieser Einstellung - und sei es nur "Vergessenes Popsong-Genie 2007." Durchhalten, Fred, okay?
Highlights & Tracklist
Highlights
- (Even if you die on the) Ocean
- When I lose my eyes
- Make a plan
- The Americans
- Edison girls
Tracklist
- Apple
- (Even if you die on the) Ocean
- When I lose my eyes
- Make a plan
- Peg
- Money in the afterlife
- The Americans
- Edison girls
- Hands in the snow
- Come with your arms
- Whitey hands
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