The Slapstickers - Rocket

Bonn Boom / Flight 13
VÖ: 14.12.2007
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Der fünfte Frühling

Alle Dinge haben ihre Zeit, und diese wird in der neumedialen Welt immer kürzer. So mag ein Ereignis am Anfang noch so eine Sensation sein, irgendwann ist es nur noch kalter Kaffee. Der Start der ersten Rakete? Lange Geschichte. Reggae? War das nicht diese jamaikanische Musik? Obwohl: An manches erinnert man sich auch immer wieder gerne. Der erste Schritt des Menschen auf den Mond, etwa. Und was war noch gleich Ska? Ach ja, diese vergnügungssüchtige Offbeat-Mucke mit Bläsern, die oft von einer seltsamen Kombination von farbigen Musikern und Skinheads präsentiert wurde.

Aber zum Glück hat der moderne Mensch ja für alle wiederkehrenden modeabhängigen Ereignisse das schöne Wörtchen "Revival" erfunden. Ähnlich wie bei Standards mag man sich daran freuen, dass es so viele davon gibt. Alleine der Ska feierte in den letzten dreißig Jahren gleich drei bis vier Wiedergeburten, was für eine Musik, die erst Ende der Sechziger entstanden ist, doch überaus bemerkenswert ist. Vielleicht ist das zwar nur ein deutsches Phänomen, aber hierzulande haben auch greise Ska-Väter der ersten Stunde wie Laurel Aitken nach wie vor kein Problem, Säle zu füllen und dann gerne auch Unterstützung von lokalen Helden zu erfahren.

Eine dieser Truppen, die mit ihrem sechsten Album in zwölf Jahren Bandgeschichte auch nicht ihren ersten Frühling feiert, sind die Slapstickers. Man kann sich denken, dass diese nach mehreren Konzerten mit Größen wie Madness oder den Toasters wissen, wo der Ska-Hammer hängt. Die Brühler spielen ziemlich klassischen Two-Tone-Ska in der Prägung unzähliger Skabands von Anfang der Neunziger, sprich: mit umfänglichem Keyboard und Bläsereinsatz. Hardcore-Elemente, wie sie Mitte der Neunziger von Bands wie den Mighty Mighty Bosstones aufkamen, finden sich hier praktisch nicht. "Rocket" ist insofern stockkonversativ: Eine Ska-Version eines aus dem Radio bekannten Songs findet sich mit "Love is a shield" genauso wie das unvermeidliche Mafiastück in "Palermo 2007".

Das könnte alles unglaublich langweilig sein. Dass "Rocket" das genau nicht ist, sondern eine prächtig funktionierende Gute-Laune-Platte, liegt vor allem an zwei Dingen: Zum einen finden sich mit Songs wie "Underwater love" oder auch "A midsummer night's dream" ausreichend abwechslungsreich komponierte Stücke auf dem Album, zum anderen haben es die Slapstickers raus, Bläsern, Keyboard und Offbeat-Gitarre zwar ausreichend Raum zu gewähren, aber dabei stets das jeweilige Stück nicht im Einheitsbrei untergehen zu lassen. Das ist etwa sehr schön bei "The boys are back" zu hören, welches mit einer fetten Orgel startet, während die Bläser sich dezent im Hintergrund halten. Aber nach gut 30 Sekunden bekommt Sänger Christian Spiecker Raum, um den Song zu entwickeln. Ein großes Label haben die Slapstickers nicht im Rücken, dafür geht das Album selbst ab wie die sprichwörtliche Rakete. Vielleicht wartet das erneute Revival ja schon hinter der nächsten Ecke.

(Holger Schauer)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • The boys are back
  • Desperado II
  • Underwater love

Tracklist

  1. Not anyone else
  2. The boys are back
  3. Take a ride
  4. Love is a shield
  5. Music
  6. Desperado II
  7. Underwater love
  8. A midsummer night's dream
  9. The zoo
  10. Not the one
  11. Palermo 2007
  12. Rudeboy's symphony
Gesamtspielzeit: 43:56 min

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