Wild Billy Childish & The Musicians Of The British Empire - Christmas 1979
Damaged Goods / CargoVÖ: 30.11.2007
Hogfather
Jedes Jahr ist Weihnachten. Natürlich ist diese Erkenntnis als Einstieg ebenso langweilig wie das übliche Herumgesitze in von Kitsch versehrten Wohnzimmern. In Millionen deutscher Haushalte gibt es immer wieder die gleichen Kalorienbomben. Und wer vor lauter Heiligabendsinnlosigkeit verhängnisvollerweise den Fernseher anschaltet, kann nicht mal mehr erkennen, in welchem Jahr er sich befindet. Auf jedem Kanal laufen die gleichen Filme, die auch in all den Jahren zuvor dort heruntergenudelt wurden. Nicht gleich mit der Kettensäge auf Baum, Familie und glitzernde Engelsscharen loszugehen, ist also ein Zeichen bewundernswerten Gleichmuts.
Doch endlich gibt es Hoffnung. Bevor wieder irgendein rücksichtsloser Mensch "Last Christmas" abspielt, kann sich der kundige Garagenrocker jetzt wehren. Denn Billy Childish hat ein Weihnachtsalbum gemacht. Zum Glück hat "Christmas 1979" mit Verbrechen wie "Rock Christmas" wenig zu tun. Es ist nämlich nicht nur das wohl lauteste Weihnachtsalbum dieses Jahres, sondern auch das krummste. Rumpelnder Garagenrock, der standesgemäß 99,9 Prozent der letzten dreißig Jahre Rockmusik geflissentlich ignoriert. Das ergibt dann derart herrlichen nervigen Lärm, dass er jeden Verwandtschaftsbesuch erfreulich verkürzen kann. "Merry fucking Christmas to you all."
Bei den Musicians Of The British Empire, die dieses Jahr schon zum zweiten Mal Childishs Zuarbeiter sind, nölt Nurse Julie dazu, wie es sich Holly Golightly, ihre Vorgängerin vor weit über einhundert Billy-Childish-Platten, längst abgewöhnt hat. Die Töne derart angemessen zu verfehlen, schafft längst nicht jeder. Genau das macht windschiefe Hymnen wie "Knick knack paddy whack (Chuck it in the bin)", "Dear Santa Claus" oder "Christmas hell" so großartig. Denn Gitarre, Bass und Drums verkanten sich so gekonnt stümperhaft, dass man gar nicht erst auf den Gedanken kommt, die Band hätte die Songs vorher vielleicht mal geübt. Das ist eben Punkrock. Schlicht und ergreifend.
Die zwei, drei Akkorde und die Riffs drum herum kennt man natürlich schon und freut sich darauf, wie Childish sie dieses Mal heruntersägt. Sie sind allesamt irgendwann einmal aus der großen Schatzkiste des Rock'n'Roll gefallen, und diesmal gibt Childish sogar gelegentlich Quellenangaben: "Link Wray's Christmas" lässt die Surfgitarre jaulen wie Link Wray, und "Pete Townshend's Christmas" ahmt den großen Windmühlenklampfer nach. Selbst das Titelstück "Christmas 1979" zuckt präzise durch den damaligen Postpunk-Zeitgeist. Dass dabei eher schludrige Schwarzweiß-Abzüge als bitgenaue Digitalkopien herauskommen, ist Ehrensache. "Thank you for the worst Christmas I've ever had." Am liebsten etwas Handgemachtes.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Knick knack paddy whack (Chuck it in the bin)
- Link Wray's Christmas
- Dear Santa Claus
- Christmas 1979
Tracklist
- Santa Claus
- Christmas lights
- Knick knack paddy whack (Chuck it in the bin)
- Father Christmas is dressed in green
- A Poundland Christmas
- Pete Townsend's Christmas
- Mistletoe
- Dear Santa Claus
- Link Wray's Christmas
- Merry Christmas Fritz
- Christmas hell
- Christmas 1979
Referenzen