Favez - Bigger mountains, higher flags

Gentleman / Al!ve
VÖ: 23.11.2007
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Wer hat's erfunden?

Vielleicht hatten Matchbox Twenty ja von Anfang an Recht. Schließlich kreuzen viele irgendwann doch ihren Weg. Wenn die Gitarren ihren x-ten Marshall verbrannt haben, die Stimmbänder nach dem dritten Facharztbesuch Nierentritte verteilen und die Folkharmonien, die ohnehin überall im Hintergrund lauern, auf ihre Alterspräsidentschaft pochen, verwandelt so manche Band ihre Lärmbereitschaft in guten, alten Mainstream-Rock. Nicht jeder kann dabei derart souverän rüberkommen wie etwa Buffalo Tom. Die Besseren aber machen was draus. Zu denen gehören nun auch: Favez.

Die alte Vorliebe von Sänger Chris Wicky für Bruce Springsteen ist auf "Bigger mountains, higher flags" jedenfalls präsenter als je zuvor. "Highways are deserted" oder "When we were kings" sind Songs, die der Boss gerade mal so nicht im Formatradio platzieren könnte. "If I didn't come for forgivness" entkommt Tom Petty nur um Geheimratseckenbreite. Und "Here, we're nothing" dürfte den Hooters letztlich nur die Riester-Rente sichern. All das, weil diese Songs nicht zu wenig, sondern weil sie zuviel des Guten sind.

Auch sonst zeigt sich "Bigger mountains, higher flags" durch die Bank famos. Orgel und Klavier finden ihren Platz zwischen spielerischer Betonung und melancholischem Windgebläse. Wickys Stimme geriert sich wie ein sandpapiernes Taschentuch, kiekst manchmal, wie bei "Naked and gasolined", hinauf zu offspringscher Nervosität, bricht aber sofort wieder herunter und hinterlässt so beim Hörer einen inneren Angstschweiß, der die Aufmerksamkeit kitzelt. Die Melodien halten die Konzentration ähnlich hoch, und Favez verschrauben sie zu großartigen, von trippigen Bässen getriebenen Songs wie "She wakes up every night" oder "White limousine", die bisher vielleicht nur die Manic Street Preachers in ihren ganz großen Momenten hinbekamen.

Dass die Gitarren dazu nicht mehr dröhnen, als sei John Agnello hinter ihnen her, versteht sich wohl von selbst. Unerklärlich hingegen: dass Favez all das in der Tat klingen lassen, als seien sie schon immer dicht dabei gewesen und hätten nun lediglich die Kompressionsverhältnisse umgedreht. Die lauten Anteile nach hinten, dafür die leiseren nach vorne: schon dreht sich ein druckvolles Emo-Rock-Kopfnicken in ein Euphoriewellen ausstoßendes Adult-Rock-Schulterzucken, das sich so unverkrampft wie selten präsentiert.

Dieses Selbstbewusstsein begründet sich vielleicht darin, dass Favez ja auch bisher weniger als eine Essenz, aber eindeutig mehr als die Rückverdünnung dessen waren, was auf ihrem inneren Plattenteller zum Rotieren gebracht wurde. Stets schrieben sie Hits für ihr eigenes, mentales Playback. Auch auf "Bigger mountains, higher flags" bleiben sie nicht anders als die anderen. Und damit wie wir alle. Weshalb schlicht und ergreifend niemand da ist, der ihnen das wirklich vorwerfen könnte. Außer vielleicht diese Schweizer Witzfigur mit dem Martinshorn auf dem Kopf. Die allerdings haben sie ja ohnehin landsmännisch im Sack.

(Tobias Hinrichs)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • She wakes up every night
  • Goodbye song
  • White limousine

Tracklist

  1. Highways are deserted
  2. When we were kings
  3. She wakes up every night
  4. Naked and gasolined
  5. Here, we're nothing
  6. Goodbye song
  7. Torch song
  8. And we danced
  9. If I didn't come for forgivness
  10. White limousine
  11. We used to fight a lot
Gesamtspielzeit: 45:39 min

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