Bloodlights - Bloodlights

Mate In Germany / Soulfood
VÖ: 16.11.2007
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Bis der Arzt kommt

Kurz vor Ende sieht man Licht - so weit sind sich die Gratwanderer zwischen Friedhof und Krankenhausbett einig. Mit einem gängigen Vorurteil müssen wir hier aber aufräumen: Weißes Licht ist natürlich Quatsch. Dieser Mythos, Hand in Hand von Kirche, Ärztekammer und anderen Perlweiß-Fetischisten verbreitet, wird nun endlich von lebensnahen Erkenntnissen widerlegt. Captain Poon, bis 2005 Gitarrist der Schweinerockforscher Gluecifer, hat in jahrelangem Exzessalltag herausgefunden, dass tatsächlich das Letzte, was ein ausgepowerter Vollblutrocker - mit zuviel "von allem" intus - vor der Ohmacht sieht, die blutroten Lichtblitze eines Krankenwagens sind. "Bloodlights" eben.

Die Geschichte um die Namenswahl der neuen Band des Norwegers ist dann auch das Prätentiöseste, was im Zusammenhang mit der Kombo kolportiert wird. Ansonsten spart sich Poon großspurige Statements und seine Puste für den Leadgesang, den er erstmals komplett selbst übernimmt. Zwar kämpft er hin und wieder mit seinen stimmlichen Grenzen und ein zweiter Biff Malibu war ohnehin nicht zu erwarten, dennoch passt der klare und prägnante Gesang perfekt zum neuerdings hochmelodischen Output seiner Hintermannschaft. Wo Gluecifer die Referenz für die raue Schale sind, zollt der melodische Kern den Hellacopters überdeutlich Tribut.

So oft die neue Poppigkeit auch die Mauern zwischen Schweine- bzw. Punkrock und Pop einreißt, treibende Uptempo-Knaller wie "Addiction" und "Hammer and the wheel" oder der euphorische Titeltrack überstehen dank Substanz auch noch den zigsten Durchlauf mit Bravour. "Rain on a sunny day" legt nach gut der Hälfte des Songs den Schafspelz ab und rammt seine reißzahnige Sologitarre hemmungslos in den Gehörgang, und mit "Screwing yourself" legt Poon eine derart unpeinliche und gekonnte Powerballade vor, als hätte er nie etwas anderes gemacht. Plötzlich ist mit "Over when I'm done" die letzte Nummer durch, und man muss mit dem Finger auf der Repeat-Taste endgültig einsehen, dass der Großteil der Platte einfach mehr als gut ist.

Unverschämt viel Freude macht das Debüt von "Bloodlights" vor allem, weil es bauchlastiger ist als Turbonegros Hank von Helvete und Ebbot Lundberg von The Soundtrack Of Our Lives zusammen. Ungestüm und kompromisslos werden die Fragen nach Stil, Einflüssen und der Wirkung des Gluecifer-Endes mit zwölf Rocksongs weggewischt, die für sich selbst und den Spaß an der ganzen Sache stehen. Bleibt nur zu hoffen, dass Poon und seine Mannen auf kommenden Touren auch mal zu Müsliriegel und Sprudel statt Burger und Whiskey greifen. Das würde den vorzeitigen Rotlicht-Exitus vermeiden, damit uns ihre Musik weiter prächtig live unterhalten kann. Rotes Licht kann auch gerne dabei sein - als Teil der Lichtshow beim nächsten Gig.

(Dennis Drögemüller)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Bloodlights
  • Addiction
  • Hammer and the wheel
  • Screwing yourself

Tracklist

  1. Where the stars don't shine
  2. Bloodlights
  3. Addiction
  4. Bullshit on your mind
  5. One eye open
  6. Hammer and the wheel
  7. Rain on a sunny day
  8. Screwing yourself
  9. Easy target
  10. Against the flow
  11. Bald and outrageous
  12. Over when I'm done
Gesamtspielzeit: 40:58 min

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