4lyn - 4lyn
Motor / UniversalVÖ: 21.05.2001
Friedhof der Kuscheltiere
So ist das nun mal im Musikgeschäft: Die Nachfrage bestimmt das Angebot. Das war schon Anfang der Neunziger zu Zeiten des Grunge so. Jeder, der eine Gitarre auf Kniehöhe unfallfrei festhalten konnte, bekam ein Karohemd übergestülpt, Friseurverbot auf Lebenszeit verhängt und nicht zuletzt einen Plattenvertrag aufs lethargisch dreinblickende Auge gedrückt. Inzwischen jedoch läuft der Hase im Biz etwas anders: Gitarrehaltenkönnen ist überflüssig. Jeder, der es schafft, ein \"Fuck off\" und ein \"Shut up when I\'m talking to you\" zu shouten, ohne sich eine Stimmbandzerrung zuzuziehen, wird in ein entschieden zu enges Adidas-Jäckchen gezwängt und kriegt die blondierten Haare auf halb acht gegelt. Der dick dotierte Plattendeal versteht sich von selbst. Ladies and gentlemen: New Metal.
Bis man den aufkeimenden neuen Trend allerorten begriffen und vor allem in die Tat umgesetzt hatte, konnte es allerdings seine Zeit dauern. So hatte man zwar bereits 1999 den Hype im Hinterkopf und die Scheinchen vor Augen, als 4lyn bei einem kleinen Festival entdeckt wurden. Und doch mußte über ein Jahr lang im Studio hart daran gearbeitet werden, um die Band auf Trend zu trimmen und sie zu der ausgetüftelten Retortenband zu degradieren, die sie inzwischen sind.
Während der \"Butterfly\" von Crazy Town beständig durch die Charts flattert, werden nun auch 4lyn geschniegelt und gebügelt aus ihrem Kokon in die freie Welt entlassen und flattern beim versuchten Höhenflug gegen die kreative Straßenlaterne. Denn ihr Debütalbum klingt nicht nur nach Korn (\"No. 11\"), Crazy Town (\"Bahama mama\"), Linkin Park (\"Lyn\") oder Limp Bizkit (\"Poonanee\"), sondern vor allem eines: unglaublich austauschbar. Mit affigen Spitznamen wie \"Braz\", \"Kane Wicked\", \"Biggdeee\" und \"Chino\" setzt sich die Band schließlich auch noch selbst den Willi und dem Faß die Krone auf und beweist damit nur ihren eigenen Stellenwert: 4lyn sind die Teletubbies des New-Metal - die große Geste haben sie sich bei den Erwachsenen abgeschaut, sind knallbunt bis in die Haarspitzen, an der Oberfläche wunderhübsch flauschig und gesegnet mit dem Talent eines Toasters.
Die Kleinen wird\'s um so mehr freuen. Alle, die schon dem guten Fred das Mützchen mit Deutschmark gefüllt haben, werden auch dieses Album aus den Regalen reißen, 4lyn auf Händen tragen und ihre Fotos ans gleiche Reißbrett pinnen, dem die Band in dieser Form eigentlich entstammt. Auf diese Weise wird wieder einmal die Plattenfirma um eine Menge Kohle und die Musikwelt um eine überflüssige Band reicher. These kids aren\'t alright. Und sie haben sich mit diesem Album statt einer goldenen Nase höchstens ein blaues Auge verdient.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Lyn
Tracklist
- One 2 three
- Pure
- Whooo
- Lyn
- No champagne
- Feel me
- Down & out I
- Bahama mama
- Poonanee
- Down & out II
- No. 11
- Wong tsong
- Quake
- Discohead
- Alina
Referenzen
Spotify
Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv
Threads im Forum
- 4lyn (1040 Beiträge / Letzter am 31.05.2012 - 12:10 Uhr)