Frightened Rabbit - Sing the greys

Fat Cat / PIAS / Rough Trade
VÖ: 19.10.2007
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Leierlappen und Jammerkästen

Etwa um die Jahrtausendwende setzte er ein, der Boom der weichen Knie und labberigen Stimmbänder. Zwischen Themse, Hudson und Missouri drehten sich Sänger die Leierkurbeln in den Hals, verwandelten ihre Lungenflügel in Windgebläse und zitterten drauf los, was das Taschentuch hielt. Die Stimme sollte dabei weniger die Ermattung selbst widerspiegeln, als vielmehr die Anstrengung, die TROTZ ALLEM aufgebracht wurde. Ein kämpferischer Gestus also, der auch heute noch oft vorschnell als Heulsusigkeit missinterpretiert wird. Deshalb hielt man Robert Smith, jenem Urvater des Drehorgelgesangs, ja auch stets zu Gute, seine Frisur habe sich in den Pleuelstangen verfangen - das tut halt weh und lässt die Stimme unkontrolliert einbrechen.

Bei "Sing the greys", dem Debüt der Schotten Frightened Rabbit, kommt zum ausgeleierten Kehlkopf noch die wechselvolle Entstehungsgeschichte hinzu. So handelt es sich bei diesem erst nach einjähriger Verspätung für den Überseemarkt fit gespritzten Östrogen-Boliden irgendwo tief drinnen immer noch um jenen (D)Emo-Tape-Jammerlappen, mit dem sie es zunächst auf die Fat-Cat-Downloadseite und dann auf Tonträger geschafft hatten. Ohne allerdings, bis heute, ihren verhallten Charme zu verlieren.

So werden dicke Powerpop-Oden wie "Music now" oder "Square 9" ausgebremst und konsequent vom Schunkeln abgehalten, kommt der unmerkliche Höhengewinn von "Yawns" gerade mal über die Grasnarbe hinweg und betreibt dennoch Horizonterweiterungen im Sinkflugverfahren. Auch die übersprudelnde Hookline von "Be less rude" oder der von einem druckvollen Riff zu früh versprochene Saukerl-Rock von "Go-go-girls" scheinen stets mehrere sorgenvolle Blicke zurück zu werfen: Ob Sänger Scott Hutchinson die nächste Kurve wohl noch kriegt oder doch hinten am flimmernden Horizont bereits um Hilfe winkt, um schließlich ganz zart im Wüstenwind zu zerstäuben? Die Lieder rollen wegen dieser Wachsamkeit stets etwas langsamer voran als geplant, wirken irgendwie angeschwippst und sammeln sich als echte Freunde mit ihrem Sorgenkind ums Lagerfeuer. Keine Frage: Dass sie gerade mal so gut sind, wie ihr schwächstes Glied, kosten Frightened Rabbit in vollsten Zügen aus.

Die Frage indes, weshalb all die fragilen Einzelteile sich doch zu einem sehr unbeirrten Album verbinden, ist gar nicht so leicht zu klären. Vielleicht liegt es an der Kombination von knarzigem Folk, anachronistischer Indie-Lärmbereitschaft und der Tatsache, dass es Frightened Rabbit auch nach dem dritten Bearbeitungsdurchlauf immer noch nicht geschafft haben, ihr Album vom Dröhnen, Schlingern und Brummen abzuhalten. Denn so diffundiert dieser Lärm, reckt niemals wirklich die Faust, sondern schluckt herunter und produziert sauren Magengrubenbrei. "I can hum for days and weeks and years / I won't shout, nor will I scream." Irgendwie pfeifen Frightened Rabbit drauf, zum nächsten großen Ding oder überhaupt irgendwohin produziert zu werden. Im Buxtehude ihrer Musik wirbelt stattdessen ein herzhaftes, althergebrachtes "Fuck you". Und genau das ist er doch, der Sinn des Leierkastengesangs: Bilder des Scheiterns möglichst trotzig nach außen zu stellen. An den genau richtigen Platz.

(Tobias Hinrichs)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Be less rude
  • Go-go-girls
  • Square 9

Tracklist

  1. The greys
  2. Music now
  3. The first incident
  4. Yawns
  5. Be less rude
  6. The second incident
  7. Go-go-girls
  8. Behave!
  9. Square 9
  10. The final incident
  11. Snake
  12. The greys (live)
Gesamtspielzeit: 35:07 min

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