Kevin Devine - Put your ghost to rest

Fruitcake / Defiance / Cargo
VÖ: 02.11.2007
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Winterspeck

Ein kurzer Hauch von Höhenrausch. Dann kam der Schleudersitz. Abflug. Wie so oft. Für Kevin Devine schien das Feld bestellt. Capitol hatte ihn unter seine Major-Label-Fittiche genommen und ihm ein feines Produktions-Budget an die Hand gegeben. Gemeinsam mit seiner Goddamn Band verbuddelte er sich im Studio und spielte "Put your ghost to rest" ein - seine neueste Scheibe. Für den Platz hinter Reglern und Knöpfen konnte Devine niemand geringeren gewinnen als Rob Schnapf, den Produzenten, der gerade Elliott Smiths Großtaten "Either/or", "X/O" und "Figure 8" vergoldet hat und auch auf Becks "Odelay!" seine Finger im Spiel hatte. Dies alles spielte sich schon vor mehr als einem Jahr ab. Und jenseits des großen Teiches steht die Scheibe auch seit längerem offiziell in den Regalen. Doch EMI öffnete kurz nach der Veröffentlichung des Albums die Geldschattule, verschluckte Capitol und holte den eisernen Besen aus der Abstellkammer, um einige der weniger gewinnträchtigen Künstler vor die Tür zu kehren. Einer davon war Kevin Devine, der melancholische Schelm aus Brooklyn mit der ausgeleierten Strickjacke und dem fusseligen Buttermilchbart.

Mit einiger Verzögerung ist "Put your ghost to rest" nun auch hierzulande auf den Markt geschlittert und lässt das Kenner-Ohr zwischen Vertrautheit und Irritation schwanken. Ein wenig ist es mit der Platte wie bei Mitschülerinnen, die man über Jahre ungeschminkt kennen und schätzen gelernt hat, sich aber nun so feierlich herausgeputzt haben, dass man im ersten Moment beinahe stutzt. Ebenso kräuselt kurz die Stirn, wer zum ersten Mal einige der traurigschönen Songs nun stellenweise geschminkt und in üppigerem Gewand hört. Verglichen mit den liebenswert unrasiert und schluffig aus den Boxen schlurfenden Vorgängeralben, trägt "Put your ghost to rest" doch häufig ein ganzes Stück dicker auf. Selbst wenn hinter der opulenteren Fassade immer noch dieselben Charaktere ihr Unwesen treiben und die Songgerüste ähnlich geblieben sind.

Noch immer schrubbt Devine meist in gemächlichem Tempo seine Lagerfeuerklampfe oder zupft sie zart. Darüber schwingt er sein Reibeisen durch geschmeidige Melodiebögen, mal sanft, dann voller Herzblut, gespannt, nahe am Schreien. Doch durch Schnapfs knackige, transparente Produktion hat das Schlagzeug an Druck und Prägnanz zugelegt, kristallklare E-Gitarrenlinien perlen häufiger durch die Songs, auch schleichen sich häufiger sanfte Huh-Chöre ins Klangbild, ebenso wie Orgeln, verstreute Celesta-Klänge, hier und da sogar umflort von kleinen Streichersätzen. Poppiger sind viele der Nummern geworden, brechen zudem ab und an - wie bei "Just stay" - gegen Ende auch dynamisch noch ein ganzes Stück weiter nach oben aus als die vorherigen Solo-Scheiben.

Auf den ersten Blick erscheinen einige wenige Nummern fast ein wenig glatt, vor allem "Like cursing kids", das in erstaunlicher Formatradionähe eher an spätere Werke von Bryan Adams erinnert. Doch das sind Ausnahmen. Die akustische Frischzellenkur hat den meisten Songs ausnehmend gut getan, und auch stilistisch ist etwas mehr Bandbreite drin, wildert Devine auch schon mal klarer in Country-Gefilden oder lässt hauchfeine Bossa-Einflüsse aufschimmern. Die intensivsten Momente finden sich indes noch immer in den stillen, trauten Momenten, den traumversunkenen Akustik-Balladen, in denen die Band schweigt, wie bei "Billion bees". Man darf gespannt bleiben, ob Devine nach dem Sturz von den Majorflügeln wieder zur ungeschminkt-schüchternen Intimität der vorherigen Alben zurückkehrt, oder ob er sich weiter auf breitwandigerem Terrain bewegt. Beides steht ihm durchaus veritabel.

(Ole Cordsen)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Just stay
  • Billion bees

Tracklist

  1. Brooklyn boy
  2. You're training yourself
  3. Just stay
  4. You'll only end up joining them
  5. Billion bees
  6. Less yesterday more tomorrow
  7. Like cursing kids
  8. Go haunt somebody else
  9. The burning city smoking
  10. Me & my friends
  11. Trouble
  12. Heaven bound and glory be
Gesamtspielzeit: 49:32 min

Im Forum kommentieren

Addict

2009-11-20 13:22:48

IMMER DIE AUGEN OFFEN HALTEN -
Interview mit Kevin Devine 2009



Email-Interviews werden manchmal von Künstlern sehr einsilbig beantwortet. Kevin Devine ist jedoch studierter Journalist und erfahrener Musiker. Von daher ist ihm völlig bewusst, dass auch Mailer ein guter Weg sein können, auf sich aufmerksam zu machen - nicht nur mit einer meterlangen Liste an Bands, die auf seinem Festival spielen würden.

Boston

2009-09-06 19:37:37

Ich mag Make the clocks move, aber Plattentests bewertet Put your ghost to the rest besser. Tipp: Geh in einen guten Plattenladen und hör dich durch das Gesamtwerk.

fragender

2009-09-06 19:25:43

ja wie jetzt

fragender

2009-08-30 19:43:37

welches ist denn nun das beste album vom guten kevin? würd mir gern mal eins zulegen, da ich sein kleines unplugged-set bei sonnenuntergang am melt ganz bezaubernd fand

zote

2008-05-08 18:50:18

Wie immer komme ich spät, aber die Platte lief jetzt mal wieder ein paar mal durch.Und ich muss sagen, das ist echt ein tollen Ding:)freu mich auf die Konzerte...

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