Land Of Talk - Applause cheer boo hiss

Maple / One Little Indian / Rough Trade
VÖ: 19.10.2007
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Schmutzige Reizwäsche

Der Dreier ist eine ewiger Traum. Auch die Ménage à trois namens Land Of Talk beflügelt die Phantasie. Mit trockenem Indierock und dem feuchten Säuseln von Elisabeth Powell werden die Synapsen gekitzelt. Immer wieder kollidieren zärtliche Melodien und kratzige Dissonanzen. Ein Spiel mit Zuckerbrot und Peitsche. Als die kokett betitelte EP "Applause cheer boo hiss" im Frühjahr dieses Jahres die Blogs anstachelte, gab es keinen Grund zur Beschwerde. Höchstens, dass kein Mensch auf die Idee kam, das Ding auch hierzulande zu veröffentlichen.

Da nimmt man es doch gern in Kauf, dass "Applause cheer boo hiss" jetzt um drei überdies tolle Tracks erweitert das Licht der alten Welt als Mini-Album erblickt. Bei der Euphorie, die schon der Opener "Speak to me bones" verbreitet, fallen sofort alle Bedenken - hübsch sortiert in den leicht überdrehten Refrain und die verträumten Strophen. Dann geht das gleich so weiter: "Sea farm" schlendert gemütlich am Strand entlang und hüpft im Chorus plötzlich los wie ein glücklicher Gummiball. "Summer special" genießt die spätsommerliche Melancholie mit zugigen Gitarrenwänden. Und "All my friends" versöhnt sich zu quietschenden Saiten mit den eigenen Problemen.

In manchen Augenblicken klingt das Debüt der Kanadier wie die kratzbürstige Version von Singer/Songwritertum, dann schrammt sich der Dreier diverse Körperteile blutig, als wollte er sich bei Dischord oder Touch & Go bewerben. Oder als legitime Nachfolger der großartigen Pretty Girls Make Graves. Denn immer wieder wippen muntere Grooves für die Indie-Hüpfburgen vorbei, bevor Powell sehnsüchtiges Moll ausatmet und den Reverb-Poti zum großen Finale ganz nach rechts dreht. Das klingt herrlich unperfekt und macht genau deswegen alles richtig.

Auch wenn hier nichts ausgerotzt wird, bemerkt man den Schmutz in Unschärfen und Unsauberkeiten. Das ist absichtlich unpoliert, weil sich in matten Tönen Charakterstärke viel deutlicher abzeichnet. Und wenn die drei zusätzlichen Songs der europäischen Ausgabe sich noch mehr in die Richtung mogeln, in der aus Post-Hardcore krummer Pop wird, ist klar, dass wir noch viel Freude mit Land Of Talk haben werden. "It's sexy / It's dirty."

(Oliver Ding)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Speak to me bones
  • Sea farm
  • Summer special
  • 2 ships

Tracklist

  1. Speak to me bones
  2. Sea farm
  3. Summer special
  4. Breaxxbaxx
  5. Magnetic hill
  6. All my friends
  7. Street wheels
  8. Young bridge
  9. 2 ships
  10. Dark nature places
Gesamtspielzeit: 39:00 min

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