Benjamin Biolay - Trash yéyé

Labels / Virgin / EMI
VÖ: 07.09.2007
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Ein Schmerz und eine Seele

Kein Geringerer als Dirk Nowitzki wachte über die Entstehung von "Trash yéyé" - als lebensgroßer Papp-Aufsteller. Dass man derartige Studio-Spleens eher im Land der unbegrenzten Unmöglichkeiten vermuten würde, als von einem Franzosen, führt sogar auf die richtige Fährte: Ein Großteil der Sessions zu Benjamin Biolays fünftem Album fand in Woodstock statt, und das auch noch völlig ungeplant. Eigentlich wollte der Teilzeit-Produzent dort bloß eine Platte mit Ambrosia Parsley (Shivaree) aufnehmen. Die unverhoffte Inspiration kam gerade zur rechten Zeit, denn die letzten zwei Jahre waren nicht einfach für den Mann, dem nur zu gerne das zentnerschwere Erbe von Serge Gainsbourg auf die Schultern gewuchtet wird: Erst floppte "A l'origine", dann auch noch seine Ehe mit Chiara Mastroianni.

An dem Klischee, dass die größte Kunst im größten Leiden entsteht, könnte also durchaus was dran sein. Zumindest hat Benjamin Biolay noch nie so kluge, berührende, seelenvolle Texte geschrieben, wie auf "Trash yéyé". Texte über die Gezeiten de l'amour, über Schluchten und Brücken, über seidene Fäden und den Reiz der Unvernunft. Poeme, die gar nicht unbedingt Musik nötig hätten. Und doch ist es noch um ein Vielfaches schöner, wenn man hört, wie all die wohl gewählten Worte ungeheuer elegant über seine schmollenden Lippen gleiten und durch die Kulissen aus Klavier, Streichern, Bläsern, Gitarre und ein wenig elektronischem Beiwerk flanieren. Die Musik ist dabei nichts weiter, als ein Atmosphärenverstärker - wie loderndes Kaminfeuer, Weihrauch oder Regen, der des nachts gegen die Fensterscheiben klopft.

"Bien avant" erzählt zu sanftem Gitarren-Tamburin-Geplänkel von Vorahnungen, die gleichermaßen magisch wie unheilvoll sind. Ein leiser, barock anmutender Chor umrahmt würdevoll - man wird ihm und insbesondere Solo-Sopranistin Rachel Pignot im Verlauf der Platte noch des öfteren begegnen. In "Douloureux dedans" schlüpft Monsieur Biolay in die Rolle eines Dandys, der Schmerz zum Statussymbol erklärt und Fender Rhodes mit halluzinogenen Beats verwebt. Wenig später flüstert er in "Regarder la lumière", einen Fuß auf der Erde und einen im Paradies zu haben, während Streicher - schwer wie Samtvorhänge - lustvoll von einem mächtigen analogen Synthesizer zerfurcht werden. Die erste Singleauskopplung "Dans la Merco Benz" klingt verblüffend nach Manu Chao, "La garconnière" erinnert an Leonard Cohens 80er-Jahre-Werke und liefert eine frivol knisternde Anleitung zum Entkleiden. Nein, hier geht es nicht um Seelen-Striptease.

Traditionell sind Biolays besten Lieder die reduzierten, nur mit Klavier begleiteten. "La chambre d'amis" ist so ein Stück. Eine zauberhafte Ode an die Freundschaft, die er als Zimmer mit halb zugezogenen Vorhängen beschreibt - Offenheit und Geborgenheit. Über das fiese Phänomen des Sichauseinanderlebens weiß "Rendez-vous qui sait" ausgiebigst zu berichten, allerdings mit bemerkenswertem Schwung in der Hüfte und fröhlichen Bläsern im Refrain. Wenn es auf diesem Album eine Tanznummer gibt, dann ist es diese. Im düsteren TripHop-Ableger "Laisse aboyer les chiens" wirft Biolay einer Verflossenen so allerlei an den Kopf und findet trotzdem noch in jeder Strophe einen neuen Kosenamen für sie. Wahrscheinlich muss jemand, dem das Glück schon so viele Körbe gegeben hat, einfach Basketball lieben.

(Ina Simone Mautz)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Bien avant
  • La garçonnière
  • La chambre d'amis
  • Laisse aboyer les chiens

Tracklist

  1. Bien avant
  2. Douloureux dedans
  3. Regarder la lumière
  4. Dans ta bouche
  5. Dans la Merco Benz
  6. La garçonnière
  7. La chambre d'amis
  8. Qu'est-ce que ça peut faire
  9. Cactus concerto
  10. Rendez-vous qui sait
  11. Laisse aboyer les chiens
  12. De beaux souvenirs
Gesamtspielzeit: 56:41 min

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