Two Gallants - Two Gallants
Saddle Creek / IndigoVÖ: 21.09.2007
Ugly Casanovas
Manche Menschen gehen ihrem Beruf mit einer solchen Intensität nach, dass man sich als überzeugter Slacker nur noch vage vorstellen kann, wie die das überhaupt aushalten. Rafael Nadal zum Beispiel, wie soll der mit 25 eigentlich ohne Krücken laufen, wenn er weiter so entfesselt über die Tennisplätze jagt? Oder die Verkäufer in Handyläden, muss man da nicht glauben (und eventuell hoffen), dass denen der Kopf explodiert, wenn sie nicht alle 20 Minuten eine Prepaid-Karte loswerden? Wie auch immer, unter den musikalischen Selbstaufreibern haben Two Gallants noch bis Anfang des Jahres an vorderster Front gekämpft. Ihre Stimmen? Mindestens angekratzt. Ihre Instrumente? Meistens angeknackst. "What the toll tells" wurde natürlich gerade deshalb zu einer der schroffsten, schmerzhaftesten und besten Platten von 2006. Versicherungsvertreter hielten sich besser fern von dieser Band.
Anfang des Jahres kam dann der Bruch, und da spricht man jetzt glücklicherweise nicht von Schlüssel-, Sesam- oder Stirnbein. Die wiederum hervorragende Fünf-Song-EP "The scenery of farewell" zeigte Adam Stephens und Tyson Vogel nach dem Runterkommen, ohne Blutspucken, aber mit ausgewachsenen, traditionsbewussten Songs, die einem schlimmstenfalls noch das Herz brechen konnten. Es ging wohl einfach nicht mehr so aufopferungsvoll wie mit "What the toll tells", und es geht auch auf "Two Gallants" nicht so stürmisch und ruppig wie damals vor 19 Monaten. Stephens singt bedeutend stimmschonender, Vogel lässt seinem Drumkit zumindest eine realistische Überlebenschance. Das dritte richtige Two-Gallants-Album wird dadurch zum ersten, das nicht in einer formvollendeten Materialschlacht endet.
Man muss sich deshalb von Anfang an klar machen, dass diesmal nicht die gleiche Gewalt wie auf dem Vorgänger entwickelt wird, "Two Gallants" auch nach Mitternacht und einer Flasche Whisky noch gefahrlos hörbar bleibt. Stephens und Vogel spezialisieren sich zusehens auf verschlepptes Tempo und breit ausgewalzte Schmachtfetzen, sie halten diesmal alle Songs unter sechs Minuten und lassen als einzige echte Verbindung zu "What the toll tells" den unbehauenen, immer noch unmittelbaren Gitarrensound übrig. Die Ergebnisse sind trotzdem erstaunlich: Einen Tearjerker wie "Trembling of the rose" so großzügig mit dem Cello zu bestreichen, oder die steile Kurve zum Refrain von "The hand that held me down" so souverän zu nehmen, wie es hier passiert - das kriegen weiterhin nur die glorreichen Zwei hin.
Schon gleich gar nichts lassen Two Gallants zwischen sich und ihre naturtrüben Geschichten kommen. In "Fly low carrion crow" rückt Stephens besonders nahe ans Mikrophon und wirft sich den Aasgeiern selbst zum Fraß vor, weil das immer noch besser ist, als lebenslang auf die Todesstrafe zu warten. Das nachhaltig anschiebende "Reflections of the marionette" findet indes sehr eindeutige Worte auf seiner Mission, eine Ex zum Teufel zu schicken: "I don't wanna see you fall / I just wanna see you fail", singt Stephens, einmal mehr schwer getroffen, und bekennt sich vorsichtshalber gleich am Anfang zur altbekannten Naturverbundenheit: "Let the river be my guide / Let the desert be my bride." Zusammen mag man weniger allein sein. Aber dafür hat man einsam sehr viel mehr von sich selbst.
Highlights & Tracklist
Highlights
- The deader
- The hand the held me down
- Reflections of the marionette
Tracklist
- The deader
- Miss Meri
- The hand that held me down
- Trembling of the rose
- Relfections of the marionette
- Ribbons round my tongue
- Despite what you've been told
- Fly low carrion crow
- My baby's gone
Im Forum kommentieren
Ocean
2007-11-23 08:19:52
Ich hab nie gesagt die Songs sind schlecht, aber die Emotionen fehlen halt etwas.
Pat
2007-11-22 21:01:08
video zu "despite what you've been told": http://www.youtube.com/watch?v=_eVef-ub44k&NR=1
chucky
2007-11-22 19:53:38
Es gibt Leute, die geben The Mars Volta ne 10 ;)
bäry
2007-11-22 14:28:42
du gibts also ne 8 obwohl Emotionen fehlen - tsts
Ocean
2007-11-22 13:50:21
So habe das Album nun ein paar mal gehört. Muss sagen es ist bisher ihr schwächstes. Irgendwie wird da nicht so richtig mit den Emotionen gespielt wie in den vorherigen Alben. Ausser bei Reflections on the.... und My Baby's Gone bekomme ich bei diesem Album weniger Gänsehaut. Hier nun meine Bewertung.
The Deader 8/10
Miss Meri 7/10
The Hand that held me down 7/10
Trembling of the Rose 7/10
Reflections on the marionette 9/10
Ribbons round my tongue 8/10
Fly low carion crow 7/10
My Baby's gone 9/10
Keine Longtracks sind leider vorhanden wirklich schade.
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