Super Furry Animals - Hey Venus!

Rough Trade / Beggars / Rough Trade
VÖ: 14.09.2007
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Rosa Schleifchen

Seit jeher gehört die Edelschnulze zu den Spezialdisziplinen der Super Furry Animals. Gruff Rhys, der gestandenen Interviewern schon mitten im Gespräch weggenickt sein soll, hat halt den sanftesten Schmelz in der Stimme, der möglich ist, wenn man zu Hause eine Sprache spricht, die nur aus Konsonanten besteht. Und seine Band spielt mit den zärtlichsten Händen, die in Wales jemals eine Kuh gemolken haben. Es bietet sich diesen Typen also an, hin und wieder ein Lied für den schlüpfrigen Gebrauch zu schreiben; sie haben das nur noch nie so ausdauernd wie auf "Hey Venus!" betrieben. Die achte Platte der Super Furry Aninals heißt wie die römische Liebesgöttin, die Songs darauf sind Bettmusik zum Steineerweichen - und das Mädchen vom Albumcover muss sich die Augen bestimmt auch nicht ganz zufällig reiben.

Vor zwei Jahren war "Love kraft" als bisher geradlinigstes Album der Super Furry Animals aufgenommen worden, das die Band gerade noch abfing, bevor man ihr ein "Prog-" vor den "Rock" setzen wollte. Seinen Nachfolger nun aber als reservierte Antwort auf diesen Vorstoß zu begreifen, nur weil hier auffällig viele Songs als sleazy Engtanznummern zerfließen, funktioniert noch lange nicht. "Hey Venus!" ist genauso zielstrebig wie "Love kraft", oft auch schneller, und das bisher kürzeste Album in 14 Jahren Bandgeschichte. Die Single "Show your hand" tut sich mit Arthur-Lee-Mystik und Waldhorn-Dreingabe als angemessen risikofreudiger Kartenspieler hervor. "Neo consumer" klotzt sich eine erstaunlich präzise Meinung zum Thema Orientierungslosigkeit zurecht - und sowieso typisch: dass dem armen "Gateway song" schon auf halbem Weg zum Welthit der Saft ausgehen muss.

Rund um die Ausrufezeichen schlängeln sie sich dann aber, die in Sahne getunkten Schmalzschnittchen, die nie kalorienhaltiger waren als hier und auch nur selten besser geschmeckt haben. Die Streicherarrangements von Sean O'Hagan (High Llamas) spielen da mit Sicherheit eine Rolle, sehr subtil und so schnörkellos, wie es geht, wenn man bedenkt, dass Popmusikstreicher schon immer für die Schnörkel da waren. Es hat allerdings auch viel mit dem rührenden Tagträumer-Gesang von Rhys zu tun, dass "The gift that keeps giving" nur mit einer rosa Schleife drum herum vorstellbar ist oder "Carbon dating" nach goldigem Kinderkarussell-Intro so weltabwesend um sich selbst kreisen kann. Rhys ist es letztlich, der die Platte zusammenhält - und dabei stets klingt, als schaffe er das von seinem Bett aus.

Das war ja sowieso immer ein Geheimnis der Super Furry Animals: Ihr Experimentieren klang stets nach -freude, nicht nach -wut, ihre Rockstücke brauchten niemals ein Bein zum festbeißen, um sich Gehör zu verschaffen. Auf "Hey Venus!" sind es gerade diese beiden Bandaspekte, die mit voller Absicht ein bisschen stiefmütterlich behandelt werden. Von den sachdienlichen Songs bis zur Produktion des großen Sortierers Dave Newfeld (Broken Social Scene) ist diesmal eben alles auf verlässliche Griffigkeit angelegt. Auch die Super Furry Animals müssen Platten mit dem Geodreieck machen dürfen. Es versteht sich ja von selbst, dass sie damit keine rechten Winkel malen.

(Daniel Gerhardt)

Bei Amazon bestellen / Preis prüfen für CD, Vinyl und Download
Bei JPC bestellen / Preis prüfen für CD und Vinyl

Highlights & Tracklist

Highlights

  • The gift that keeps giving
  • Carbon dating
  • Let the wolves howl at the moon

Tracklist

  1. The gateway song
  2. Run-away
  3. Show your hand
  4. The gift that keeps giving
  5. Neo consumer
  6. Into the night
  7. Baby ate my eightball
  8. Carbon dating
  9. Suckers!
  10. Battersea odyssey
  11. Let the wolves howl at the moon
Gesamtspielzeit: 36:26 min

Im Forum kommentieren

The MACHINA of God

2015-01-06 16:41:26

Ist das eignetlich das bisher letzte Album? Und kommt da was?

jupp

2007-11-27 22:43:42


Feiner Bericht. Kann mich dem mehr oder weniger anschließen. Nur von den Rocknummern wie Golden Retriever oder Do or Die hätte ich etwas mehr Wumms erwartet. Dafür war Rhys Stimme wunderbar klar wie auf Platte. Ein schöner Abend

kingsuede

2007-11-27 21:22:19

Kick Off

1. Halbzeit

Mit dem Gateway Song geht es ohne viele Worte sofort in medias res in Richtung Tor und dann gleich „Run-away“. So schnell kann das im Kölner Prime Club gehen. Keine Vorband, die Super Furry Animals stehen um Punkt halb 10 vor dem kleinen Publikum und legen perfekt die ersten Takte ihres neuen Albums „Hey Venus“! auf die Bühne. Dieses Konzert wird aber keine Promoveranstaltung für das neue Album, sondern eine großartige Werkschau mit einer Zusammenstellung aus fast allen Alben. Es ist auch eine Hommage an das alte Millennium, wenn „Do or die“ „Northern lites“ und „She’s got spies“ gespielt werden. Da freut man sich, wenn man als langjähriger Fan die Band 2007 zum ersten Mal live sieht und 10 Jahre alte Songs wunderbar in das Set integriert werden. Das Publikum ist in der ersten Halbzeit sehr verhalten, applaudiert wird aber durchaus ausgiebig, dazu gibt es auch sehr viel Anlass. Eigentlich immer dann, wenn Sänger Gruff Rhys etwas Besonderes veranstaltet, so wenn er bei „Juxtaposed with u“ überhöht von der Empore ganz hinten auf der Bühne die ersten Zeilen vocoderverzerrt vorträgt oder „Show your hands“ vom neuen Album herrlich flockig mit Akkustikgitarre begleitet. Die extra time der ersten Halbzeit, wie er verkündet, wird mit dem euphorischen „Receptacle for the respectable“ beendet. Das Publikum wird mitgerissen und Gruff stopft sich ein paar Handvoll Chips in den Mund.

Halbzeitpause

Die Band verlässt die Bühne und geht mit einem Schild, auf dem „Zurück in 5 Minuten“ geschrieben steht, in die Kabine, und kündigt sich so für die 2. Halbzeit an. Das genügt für eine Zigarettenpause und ein kleines Kölsch, da die Pause dann doch wie bei einem Fußballspiel gut 10 Minuten lang ist.

2. Halbzeit

Die Band ist endlich zurück, doch wo ist Rhys? Ja wo ist er? Nun, er steht mit rotem Power Rangers Helm hinten auf der Empore in ganz hellem Licht und läuft anschließend während „Slow life“ durch das Publikum, hält an der Theke inne und trinkt genüßlich sein Bier. Die zweite Halbzeit ist im Grunde pure Unterhaltung ohne dabei Niveau zu verlieren. Bei „God! show me Magic“ und „The man don’t give a …” ja ihr wisst schon bleibt kein Auge trocken, die rechte Hälfte des Publikums tanzt und singt ausgelassen mit. Die neuen Songs gehen aber keineswegs unter, was bezeugt, dass die Super Furries weder auf ihren Alben noch live Schwächen oder gar Ausfälle haben. Es ist eine hervorragende Slacker Indiepopband mit einem großen gewissen Etwas geblieben. Man merkt dabei gar nicht, wie schnell die Zeit vergeht. Nach knapp zwei Stunden wird ein furioses Finale eingeläutet. „Keep the cosmic trigger happy“! Genau so will man es haben!Minutenlanger Beifall, doch es nützt nichts, das Schild mit der Aufschrift "Ende" ist unmissverständlich: es ist vorbei.

Dann heißt es nach Hause fahren und hallo Bett?!?
Oder besser „Hello sunshine“
Das kann man sich jetzt aussuchen!

kingsuede

2007-11-27 12:01:12

Ich schreib nachher die Setlist auf...habe eine nach dem Konzert bekommen...das schwarze Klebeband ist noch dran!

Highlights: She's got spies, Receptacle for the Respectable, The gift that keeps giving

markus w.

2007-11-27 11:15:26

Mist, ich hatte gestern noch kurz überlegt hinzugehen. Aber ich war zu müde. Schade, eine Schreiberlingstreffen wäre nett gewesen. :)

Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.

Spotify

Threads im Forum