Pinback - Autumn of the seraphs

Touch And Go / Soulfood
VÖ: 14.09.2007
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Die Plasma-Fernseher

Luftig, strahlend, versponnen und offensiv, scharfkantig, aber doch unglaublich rund - der Sound einer Pinback-Platte war schon immer unverwechselbar. Und zudem derart widersprüchlich, dass man beinahe von verschiedenen Aggregatzuständen sprechen mochte, die sich Rob Crow und Zach Smith wie Lichtshaker zuwarfen, um sie zu Plasmakörpern umzurüsten, deren kompexe Verläufe erst im Innenohr des Hörers wirklich zu verschmelzen schienen. So erreichten Pinback stets Druck und Intensität, ohne jemals wirklich den Gitarrenverzerrer anzuschmeißen. Erfanden großartige Melodien, ohne dem harmonischen Führungsstab im Staffellauf hinterherhetzen zu müssen. Und schrieben wie zuletzt auf "Summer in Abaddon" Lieder, in denen alles Monument und Splitter zugleich zu sein schien.

Eben dieses Plasma aus Aktion und Reaktion taucht nun auf "Autumn of the seraphs", Pinbacks vierten Album, ebenso durch den Körper des Hörers, wie es dieser erst bereisen muss, um die Songs wirklich abzuschließen. Man kann all seine Aufmerksamkeit durch sie hindurchschicken und immer wieder ein anderes Einzelstück erkennen, das scheinbar seine ureigene Umlaufbahn besitzt und sich doch mit allem anderen zu einer absolut drängenden und kompletten Oberfläche verbindet. Hier zeigt sich Pinbacks Musik im besten, postrockenden Sinn basisdemokratisch, ergießt sich stets aber auch in einen derart lupenreinen Indie-Pop und -Rock, dass man von ihm aus direkt in die Arterien jeder einzelnen Note durchzublicken vermag.

Mit "How we breathe", "Bouquet" oder den beiden untrüglichen Hits "Good to sea" und "Walters" schwimmt man so durch ein Meer aus Eiskristallen, in dem zu jedem Augenaufschlag ein neu arrangiertes Detail zum Vorschein kommt, vorbeisegelt und fortan aus einer nahenden Vergangenheit Erinnerungsstromstöße aussendet. Crows Gitarre und Smiths Bass knobeln dazu ein Spiel im freien Fall, in dem sie sich aufeinander zu bewegen, umschlingen, beinahe zu einer Einheit verschmelzen und sich doch gegenseitig ihre schönsten Kapriolen vorgaukeln. Ähnliches stellt Crow mit seiner Stimme an, treibt mit ihr - wie in "Barnes" und "Subbing for Eden" - von Achtelnoten angefunkte Strophen voran, scheint ihnen ständig eins aufs Hinterteil zu geben. Sie nimmt dann aber Abstand und schwingt sich auf zu schizofrenetischen Refrains und hymnischen Selbstgesprächen. Klavier und Drums gesellen sich als Kameraden dazu, die hervorziehen, was noch im Dunkeln weilt oder Gefahr läuft, sich im Licht zu verlieren.

Es ist diese Verwandlungsgeschichte des Kleinsten ins Große, von Schatten in Licht und wieder zurück, die "Autumn of the seraphs" zu einem Album macht, das bei all seiner inneren Unruhe ausgeglichen und gelöst klingt. Sein weiter, offener Raum, der sich perfekt durch die eng gefassten Arrangements schlängelt, schließt sich im Hörer ebenso ein, wie es ihn umhüllt.

Pinback versprechen viel - und sie halten noch mehr. Man kann sich wohl fühlen wie in Abrahams Schoß. Oder splitternackt am Kältepol der Erde weilen, durch den schmalen Schlitz stierend, den der verrammelte Kühlschrank offen lässt. Wie es so weit kommen konnte und woher der Froster seinen Saft bekommt, ist eine andere Geschichte. Doch man ist gewiss: Mit Hilfe des pinbackschen Plasmaanzuges dürfte man die nächsten drei Eiszeiten unbeschadet überstehen. Mehr noch: It's getting hot in here.

(Tobias Hinrichs)

Bei Amazon bestellen / Preis prüfen für CD, Vinyl und Download
Bei JPC bestellen / Preis prüfen für CD und Vinyl

Highlights & Tracklist

Highlights

  • Good to sea
  • Walters
  • Torch
  • Bouquet

Tracklist

  1. From nothing to nowhere
  2. Barnes
  3. Good to sea
  4. How we breathe
  5. Walters
  6. Subbing for Eden
  7. Devil you know
  8. Blue harvest
  9. Torch
  10. Bouquet
  11. Off by 30
Gesamtspielzeit: 44:12 min

Im Forum kommentieren

The MACHINA of God

2012-12-02 14:29:35

Welches Album ist nun das beste?

sagehorn

2008-12-05 11:49:37

ist auch mein lieblingstrack. tolles album. tolle band

Strombuli

2008-12-05 04:37:50

Good to sea. Einen zuverlässigeren Weg, mir ein Lächeln ins Gesicht zu tackern, kenne ich nach wie vor nicht.

Paul Paul

2008-03-18 17:01:56

Genre ist sonst nicht so meins, aber dieses Album ist echt großartig.

Strombuli

2008-03-18 15:50:20

das wohl beste Album letztes Jahr

Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.

Spotify

Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv

Threads im Forum