Kommando Sonne-Nmilch - Jamaica

Buback / Indigo
VÖ: 27.07.2007
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Schiffen gegen den Wind

Angeschissen, Das Moor, Blumen Am Arsch Der Hölle, Dackelblut, Oma Hans und nun Kommando Sonne-Nmilch. Jens Rachut hat ganz eindeutig ein Faible für ausgefallene Bandnamen. Jedoch hatten alle seine Projekte gewisse Konstanten. Rachut schrieb über japanische Terroristen, Labskaus in der Tube, Elchexkremente, den Papst und Latex. Fernab von Politparolen nahm er dabei jedoch seine Geschichten und ihre Protagonisten stets ernst und ließ erkennen, dass in ihm durchaus ein talentierter Literat steckt. Kein Wunder also, dass Rachut auch jenseits der Punkschuppen der Republik Kunst machen wollte. Deshalb ging er nach Berlin und Zürich, um sich in Stücken Schorsch Kameruns als Schauspieler zu versuchen; momentan arbeitet er außerdem an mehreren Hörspielen. Umtriebig, der gute Mann. Und am bemerkenswertesten: sich und der Idee, die ihn damals zu dem werden ließ, was er heute ist, genauso treu, wie am ersten Tag. Nicht unbedingt eine Selbstverständlichkeit, bedenkt man, dass Rachut Jahrgang '57 ist.

Umso erstaunlicher deshalb dieses "Jamaica". Denn Rachuts Geist hat sich genauso frisch und jung gehalten, wie seine Stimme. Fast unglaublich bei dem vielen Herumkrakeelen. Kommando Sonne-Nmilch jedenfalls ist ein wütender Wadenbeisser geworden, der schmutzig, angepisst und alles andere als freundlich dem Hörer eine Ohrfeige nach der anderen verpasst. Dabei ist auch die Produktion nicht besonders benutzerfreundlich. Wo es lärmt, da lärmt es eben, und wenn alles klingt wie eine explodierende Autoschrottanlage, dann ist das eben so. Mittendrin immer wieder Rachut, der wie eine riesige Dampfwalze seine eigenen Songs zerquetscht. Da wäre zum Beispiel "Das Verhör", in dem Kommando Sonne-Nmilch modernen Punk und seinen Zeitgeist fast schon tanzbar verbrennen: "Es ist keine Freude aufzustehen, Gespräche fallen mir schwer. Der Mensch an sich, der macht mir richtig Angst. Ihre Gesten, ihre Sprache, die Ziele für die Sie stehen. Erklären Sie es mir, sonst verlier ich den Verstand.”

Rachut verabscheut Selbstmitleid, Melancholie und Depression. Die einzige legitime Lebenseinstellung ist für ihn die Wut. Durchaus mit ersteren verwandt, aber der Aktion verpflichtet. Wer wütend ist, der handelt, wer sich selbst bemitleidet, hat keine Zeit dazu. Es ist fast nicht zu überschauen, was für eine Fülle von reflektierten und dabei nie anbiedernden Songs Rachut geschrieben hat, und sein Einfluss auf heutige verwandte Kapellen kann gar nicht als zu hoch eingeschätzt werden. Dass ein Song wie "Schwan" in vielerlei Hinsicht demonstriert, wie gut ihm die Freunde von Turbostaat früher zugehört haben, dürfte als kleiner Spaß Rachuts durchgehen. So ist er nunmal. Vor ihm scheint niemand so wirklich sicher. "Ich glaub, hier wird's nichts werden. Vielleicht ist was ich singe ein bisschen fies."

(Konstantin Kasakov)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Schwan
  • Das Verhör
  • Tierskulpturen

Tracklist

  1. Die Holzfäller
  2. 10 – 1 – 0 System
  3. Schwan
  4. Caligula
  5. Ottawa
  6. Das Verhör
  7. Tierskulpturen
  8. Kranke Geister
  9. Das Riff
  10. Nasses Laub im Garten
  11. Der Beukelark
  12. Pelle
  13. Stand der Dinge
Gesamtspielzeit: 36:38 min

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