Gorillaz - Gorillaz

Chrysalis / EMI
VÖ: 14.05.2001
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Ein Käfig voller Narren

In jedem Wälzer über die Evolution steht es auf Seite eins geschrieben: Der Mensch stammt vom Affen ab. Über Abertausende von Jahren hinweg hat sich so ein Wesen hervorgebildet, dessen Verwandtschaft zum gemächlich grunzenden, braunen Felltier nur noch in wenigen Grundzügen erkennbar ist. Soweit die Theorie. Was die Evolutionswissenschaftler jedoch bislang nicht wußten: In ganz seltenen Fällen stammt der Affe auch vom Menschen ab. Dessen kranker Phantasie, um genau zu sein. Oh Wunder! Eine Horde liebevoll gezeichneter Gorillaz, offensichtlich dem Hirn einiger liebenswert verrückter Menschen entsprungen, terrorisiert seit Wochen ausgehend von ihrer Heimat Großbritannien die komplette Musikwelt. Der treue Darwinist schlägt die Hände über dem Kopf zusammen, und der Freund skuriler Klänge ist entzückt: Das Leben ist ein Comicstrip - das Affenleben sowieso.

Natürlich konnte und wollte nicht lange geheimgehalten werden, wer diese Ausgeburt des Wahnsinns zu verantworten hat. Und so kam im Nu ans Licht, wer sich hinter den Pseudonymen 2D, Murdoc, Russel und Noodle verbirgt: Hinter Frontaffe 2D steckt kein geringerer als Damon Albarn von Blur, Comiczeichner und Bassist James Hewlett hat sich den Namen Murdoc aufs blaue Auge gedrückt, der kalifornische Rapper Del Tha Funky Homosapien drischt als Russel die Trommeln, während Noodle als alter Ego von Cibo Mattos Soundbastlerin Miho Hatori die Gitarrensaiten malträtiert. Scheinbar haben sich vier Knallköpfe gefunden, für die Humor mehr als nur ein Wort ist und die mit einem dauerhaften Augenzwinkern durchs Leben gehen, bei dem selbst Karl Dall vor Neid die Kinnlade runterklappen würde.

Aufmerksame Beobachter dürften es längst bemerkt haben: Die Gorillaz sind alles andere als gewöhnliche Affen. Neben knallgelben Chiquitas stehen quietschfidele Hip-Hop-Beats an erster Stelle auf dem Speiseplan, während die gefräßigen Pelztiere bei ihrem Mahl quer durch den Gemüsegarten auch vor Dub-Tomaten, Ambient-Sellerie, Punk-Spargel und Britpop-Möhrchen nicht Halt machen und ihr geschmackloses Menü mit einer dreifachen Portion Relaxtheit würzen. Und was ein Affe mit Manieren ist, der weiß sich die aus alledem resultierenden Darmwinde zwar nicht zu verkneifen, aber zumindest ansprechend zu verpacken: Das erste Album der Gorillaz strotzt nur so vor Hits, die cool wie eine Caipirinha und heiß wie ein Hirsch zur Balzzeit aus den Boxen röhren.

Für den haarsträubenden Latin-Schmetterer "Latin Simone (Que pasa contigo)" hat Kuba-Legende Ibrahim Ferrer vom Buena Vista Social Club auf eine Havanna im Studio vorbeigeschaut, während das eineinhalbminütige "Punk" dank Damon Albarns überdrehter Stimme auch ohne weiteres den Titel "Song 3" verdient hätte. Größter Wurf unter vielen jedoch ist "Clint Eastwood", gegen den im Rennen um den Chillout-Sommerhit 2001 die Konkurrenz gleich gar nicht erst anzutreten braucht. "Finally someone let me out of my cage" rappt Del Tha Funky Homosapien frech grinsend, während Damon Albarn im Refrain mit "I got sunshine in a bag / I'm useless, but not for long / The future is coming on" einstimmt - wohlwissend, daß die Zukunft garantiert nicht an den Gorillaz vorbeiführen wird. So verteilen die pelzigen Hackfressen eine Tüte Sonnenschein nach der nächsten an die entzückten Schau- und Hörlustigen und strecken den bösen Zoowächter mit den Fangnetzen frech die Zunge raus. Möge jeder Hörer eine anerkennende Staude Bananen darauf plazieren.

(Armin Linder)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Clint Eastwood
  • Sound check (Gravity)
  • Punk
  • Slow country

Tracklist

  1. Re-hash
  2. 5/4
  3. Tomorrow comes today
  4. New genious (Brother)
  5. Clint Eastwood
  6. Man research (Clapper)
  7. Punk
  8. Sound check (Gravity)
  9. Double bass
  10. Rock the house
  11. 19-2000
  12. Latin Simone (Que pasa contigo)
  13. Starshine
  14. Slow country
  15. M1 A1
  16. Clint Eastwood (Ed Case refix)
Gesamtspielzeit: 63:40 min

Im Forum kommentieren

Felix H

2023-04-04 00:04:28

Wenn ich das Original von "19-2000" höre, bekomme ich immer direkt Lust auf den Soulchild-Remix. DAS ist ein Kracher.
"Slow Country" mag ich auch gerade wegen des Schneesturm-Effekts im Hintergrund.
Ach, die Einzelsongs sind zum Großteil schon ziemlich gut. Nur so das Gesamtwerk ist eher Flickenteppich dann. Das haben sie danach trotz Stilvielfalt besser hinbekommen.

The MACHINA of God

2023-04-03 23:39:02

Ja, das oben geschriebene trifft es wirklich gut. is the perfect soundtrack for being high and disappointed in the desert. Hehe. Mein Highlight "Slow country" möchte ihc da auch nicht unerwähnt lassen.

MopedTobias (Marvin)

2023-04-03 23:28:39

Das Album hat diese spezielle Millennial-Angst, die Fiep weiter oben beschreibt, "Tomorrow comes today" ist in diesem Sinne einer meiner liebsten Songs der Band. "Clint Eastwood" ist mir zudem deutlich lieber als das totgenudelte "Feel good Inc." und "19-2000" einer der größten Hits aus der zweiten Reihe der Band.

Insgesamt gefallen mir die beiden Nachfolger zwar schon etwas besser, aber der Abstand ist echt nicht groß.

FenomenoVero

2023-04-03 22:53:35

Mir ist die die erste immer noch die liebste.
Demon Days und Plastic Beach sind auch klasse und ich kann verstehen, wenn man sie vorne sieht. Das Debüt hat für mich etwas ganz besonderes, da spielt die Nostalgie auch eine Rolle.

Felix H

2023-04-03 22:51:09

Trotzdem ein toller Song. :-)
Höre das Album gerade wieder... joa, ist schon 'ne Mischung. Die Nachfolger waren da schon deutlich mehr auf Linie und auch besser, hier sehr viel Dub und oft mehr Sound als Song.

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