The New Pornographers - Challengers

Matador / Beggars / Indigo
VÖ: 24.08.2007
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
9/10

Ohne Karacho

So diplomatisch wie möglich ausgedrückt: Jeder Mensch, der eine Band gründet und nicht versucht, die New Pornographers zu kopieren, ist ein Vollidiot. Sie haben den richtigen Namen, die richtige Sorte von Supergroup-Aura, die richtigen Nebenprojekte, die richtige Sängerin und natürlich auch die richtige Musik. Sie spielen den Jingle-Jangle-Power-Pop, der wie einfach aus ihnen herausgeplatzt klingt, aber offensichtlich sehr schwer hinzukriegen ist - es gibt schließlich keine zweite Band wie sie. Natürlich, die New Pornographers haben eine Menge gelernt von Paul McCartney oder Ray Davies, aber sie haben auch immer genauso viel in Frage gestellt wie abgeguckt und umsortiert wie nachgebaut. Man muss also froh sein, dass sie den logistischen Problemen ihrer verstreuten Wohnorte weiterhin trotzen. Man muss sich nicht schämen für die Dinge, die man sich ihretwegen ins Bein ritzt.

Nun schlägt ja schon ihr Name vor, dass die New Pornographers nie eine Band waren, die längere Zeit die Stellung halten würde, und tatsächlich setzt sich auch mit "Challengers" fort, was bisher alle ihre Platten ausgezeichnet hat. Jedes Mal verlieren sie ein bisschen mehr Schwung, als wären sie einst auf einem sehr steilen Hügel angeschubst worden und seitdem mit dem Ausrollen beschäftigt. Und jedes Mal spielt es keine Rolle, weil sie eben auch immer ausgefuchster, vielseitiger und selbstbewusster werden. Bis man mit "Challengers" bei dieser Erkenntnis ankommt, gibt es diesmal allerdings einen besonders weiten Weg zu gehen. Keine New-Pornographers-Platte hat sich mehr Zeit beim Entfalten gelassen, keine war bisher weniger aufdringlich und anhänglich. Dafür weiß man am Ende aber auch: Die sind jetzt endgültig eine Zuhörband.

Statt sich also vom alten Überschwang dieser acht guten Menschen die Gesichtsfalten glätten zu lassen, freut man sich diesmal über die kleinen Entdeckungen, die sich mit ausreichend Eigeninitiative auch in den neuen Carl-Newman-Liedern machen lassen. Im sonst eher gedämpften Titelstück zockt sehr gut versteckt ein Banjo mit, im Chorus von "All the old showstoppers" ackert ein unbeirrtes Cello, und im einleuchtend aufgelösten Stimmenwirrwarr von "Myriad harbor" ist schließlich keine Note mehr niet- und nagelfest. Newman lässt es ohnehin mit zunehmender Freude schleifen, braucht heute kaum noch Kraft zum Singen und punktlandet seine Songs dennoch immer wieder auf Refrains, die so naheliegend sind, dass niemand sonst darauf hätte kommen können. Es ist halt eine Kunst, das Offensichtliche zu sehen.

Getrübt scheint sein Blick diesmal nur in "All the things that go to make Heaven and Earth" - ausgerechnet dem Stück also, das einen mit der alten Aufgekratztheit noch mal über den Haufen rennen wollte und sich dabei in den eigenen Beinen verheddert. Dann doch lieber "My rights versus yours", ohne Karacho und richtigen Refrain, aber mit Neko Case als Anteil nehmender Zweitstimme, zu der sich Newman sein eigenes Königreich herbei phantasiert. Ebenso gemäßigt trägt "Adventures in solitude" seine Akustikgitarre vor sich her; man möchte sich schon Sorgen machen, dass Edward Simoni gleich auf seiner Panflöte durchs Fenster schwebt, aber dann nimmt plötzlich ein kleines Orchester den Song an die Hand, geht mit ihm weg und nimmt auch einen Teil von uns mit. Leider ist es der Teil, dessen Auftrag es war, einen vernünftigen Schlusssatz für diese Rezension zu finden.

(Daniel Gerhardt)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • My rights versus yours
  • Myriad harbour
  • Mutiny, I promise you
  • Adventures in solitude

Tracklist

  1. My rights versus yours
  2. All the old showstoppers
  3. Challengers
  4. Myriad harbour
  5. All the things that go to make Heaven and Earth
  6. Failsafe
  7. Unguided
  8. Entering white Cecilia
  9. Go places
  10. Mutiny, I promise you
  11. Adventures in solitude
  12. The spirit of giving
Gesamtspielzeit: 48:44 min

Im Forum kommentieren

U.R.ban

2008-11-24 18:07:22

Immer wieder gerne gehört.
Es fehlen zwar die Haudraufnummern der Vorgänger, hat aber nach einem gewissen Abstand die längste Halbwertszeit, was es vielleicht sogar zu ihrem besten Werk macht. Die restlichen Alben sind natürlich auch immer noch ganz , aber Songs ala Twin Cinema leiern dann doch irgendwann aus, leider...

dominik

2008-07-28 17:36:19

bei diesem wetter draußen wiedermal ganz großartig die scheibe! ;)

mr.pink

2008-07-26 02:27:52

play copies, win races, stay with me, go places, once more for the ages. hört dieses album mehr :)

U.R.ban

2008-03-11 22:43:32

Jedesmal wenn ich mir uns Jambo auf Galileo anschaue läuft im Hintergrund dieses Album hier. Ist das ein versteckter Hype? Bin mal gespannt, wie sich dann bald "We love to entertain you" von den Pornographers anhört^^

Ludwig.

2007-11-27 12:26:08

So, habe gerade auch mal reingehört. Auf CD klingt das Ganze doch wieder ganz schön! Zuckerguss!

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