Phillip Boa & The Voodooclub - Faking to blend in
Motor / EdelVÖ: 03.08.2007
I was only joking
Es war wohl mal wieder Zeit für ein Popalbum. Phillip Boa macht ja eh seit über zwanzig Jahren nur, was ihm gerade in den Kram passt. Irgendwen wird er sowieso vor den Kopf stoßen, warum also überhaupt so etwas wie Rücksicht gegenüber irgendwelche Erwartungen ausprobieren? Und schon ist es beinahe wieder logisch, dass die taumelnde Zuckerwatte von "Faking to blend in" als Abschreckung funktionieren darf.
Gleich die herrlich scheppernde Single "On Tuesdays I'm not as young" tariert das Gleichgewicht zwischen Boas Krächzen und Pia Lundas Gezwitscher mit Hilfe von Smiths-Zitaten, auf links gedrehten Holzbläsern und Synthesizereuphorie zum Ohrwurm aus. "Girl is a runner" hantiert nur in der Strophe mit rechtwinkligen Analogbässen und Chipsdosen-Grooves, weil ja im Refrain wieder einer dieser notorischen Sirenenanfälle für Nostalgiegrinsen zu sorgen hat. Boa ist eben doch ein Romantiker.
Aber war daran je zu zweifeln? Bei genauem Hinhören stolperte man doch schon immer über das Diebesgut aus allen möglichen Stilrichtungen. Allein das Titelstück von "Faking to blend in" verquirlt denn auch Frickelbeats, Knarzbässe, Jazzfetzen und Gothicdunkel zu einer finsterblauen Hymne. "We are much aware / Of the paradox we live in." Widersprüche waren schon immer der Hauptantrieb von Boas Voodoobeat. Und auch auf dem fünfzehnten Studioalbum, das mit Hilfe von Tobias Siebert (Klez.E, Delbo) aufgepustet wurde, rumpelt es gehörig im Gebälk.
Denn selbst wenn auf "Faking to blend in" vergleichsweise unsperriger Indiepop geboten wird, sind Hupfdohlen wie "Drinking and belonging to the sea", "You hurt me" oder "You are a parasite but I love you" immer noch wunderbar schief geschminkt. "Queen day" setzt Akkordeon und Gitarren unter unverschämt viel Hall, und "Sleep a lifetime" kullert durch eine windige Geisterbahn. Man kennt das und schätzt es, auch wenn sich Zwang und gespieltes Desinteresse mal wieder zünftig in den Haaren haben. Nur wenn sich "In today's parties" eine ziemlich grundsätzliche Schmermut manifestiert, ist man doch überraschend bewegt: "We came in to wave goodbye." Hoffentlich ist das keine Drohung.
Highlights & Tracklist
Highlights
- On Tuesdays I'm not as young
- Drinking and belonging to the sea
- You are a parasite but I love you
- In today's parties
Tracklist
- On Tuesdays I'm not as young
- Girl is a runner
- Faking to blend in
- Drinking and belonging to the sea
- Emma
- You are a parasite but I love you
- Queen day
- You hurt me
- Sleep a lifetime
- Collective dandyism
- In today's parties
- The night before the last was Saturday night
Im Forum kommentieren
Sick
2008-09-16 08:01:48
Tja, fand ich nicht. Boa "steht still", bei einigen Songs zwar auf hohem Niveau, aber Weiterentwicklung geht anders. Trotzdem höre ich mir Neues immer wieder gerne an, für den einen oder anderen tollen Song ist das alte A*loch immer noch gut.
Ich finde Kritiken der Visions sind selten angemessen, aber das kann man natürlich auch gerne anders sehen.
Fox
2008-09-16 06:52:26
Ich nicht ... Boa wiederholt Stillstand vorzuwerfen ist in meinen Ohren gerade bei der D&I wirklich ein Hohn gewesen. Und die Alben wurden ja auch nie von einem festen Redaktionsmitglied besprochen - so sehr wollte man sich dann wohl doch nicht in die Nesseln setzen. Die Kritiken in der Visions (und auch die der meisten Reviewseiten im Netz) waren im Gegensatz zu denen im Musikexpress durchaus angemessen !
Sick
2008-09-15 13:30:33
Hmm, ich fand die Kritiken der letzten Zeit eigentlich immer sehr passend...
Fox
2008-09-15 07:30:55
Der Musikexpress sollte lieber mal wieder faire und an seiner Musik interessierte Rezensenten an die Boa-Veröffentlichungen ranlassen - sonst können sie sich sowas auch sparen ...
micha
2008-09-14 13:52:36
Im aktuellen Musikexpress (Ausgabe Oktober 2008) wurde zur News/Veröffentlichung des Olaf Heine Bildbandes "Leaving the comfort zone" das Boa Foto von "Faking to blend in" als Doppelseite(!) verwendet, zu finden auf Seite 6/7.
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