Josh Rouse - Country mouse city house

Bedroom Classics / Nettwerk / Soulfood
VÖ: 20.07.2007
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Soft boy

Liegt es im Bereich des Möglichen, dass es in den USA hektischer, beziehungsweise lebensfreundlicher zugeht, als in Südspanien? Man vergleiche die Massen an Menschen, die im Land der unbegrenzten Möglichkeiten wie getriebene Tiere über grün leuchtende Ampeln hetzen mit den leergefegten Straßen und geschlossenen Geschäften zur Siesta in Südwesteuropa. Das viel zu hohe Pensum an Arbeit, geschuldet der Karrieregeilheit vs. Liebe, Lust, Wampe sonnen. Wie steht's mit dem fetttriefenden Nahrungsmischmasch der Vereinigten Staaten aus, bestehend aus einem lustigen Baukasten an chemischem Allerlei, das in großer Eile dem arg geschändeten Magen zugeführt wird und den mediterranen Leichtigkeiten der spanischen Küche, die leidenschaftlich und ohne Zeitverzug genossen werden dürfen? Ohne Vorurteile oder Hass zu schüren, wagen wir, die Päpste des minimalen Aufwands von Plattentests.de, folgende These unters Volk zu bringen: Spanien rulez, USA suckz. Im Dienste und Sinne der Faulheit!

Das wird sich auch Josh Rouse gedacht haben, seitdem er vor rund zwei Jahren mit seinem fünften (Abschieds-)Album "Nashville" seiner amerikanischen Heimat den Rücken kehrte und in der Nähe von Malaga ein neues Leben begonnen hat. Viel zu viele Sorgen, viel zu viele Gedanken. Melancholie macht bekloppt und auch nicht wirklich glücklich. Nicht dass Rouse einer der Musiker wäre, die mit dunklen Vorhängen vor den Augen durchs Leben rennen, aber depressive Nuancen in seiner standardisierten 70s-Singer/Songwriter-Kunst stachen beizeiten immer mal wieder durch. "Subtítulo" dagegen, die erste auf spanischem Boden erdachte Veröffentlichung, war gegossen in Leichtigkeit. Statt stoischem Gebrabbel und pianofizierter Eintönigkeit traten besänftigende Bläser und beschwingter Soul aufs Parkett und belebten in kleinem Maße. Stilvoll und adrett, aber auch am Rande einer schnell vergessenen Bagatelle.

Die wenigen und inzwischen fein abgeschliffenen Ecken und Kanten des Frühwerks, die noch immer zur Nostalgie und zu Vergleichen zwingen, leben auch auf Rouses siebtem Album "Country mouse city house" nicht auf. Mit dem süßlich-traurigen Uptempo-Rocker "Nice to fit in" haut Rouse zwar wieder mal etwas mehr in die Saiten, aber das war’s dann auch schon mit der Prise lautstarker Gedankenverlorenheit. Die subtil besungene Isolation im Text lässt gar vergessen, dass sowohl Produktion als auch Aufnahme ein reines Produkt der iberischen Halbinsel sind. Bevor also "Country mouse city house" tatsächlich und verdientermaßen aufblühen kann, ist ein Bad in Ignoranz nötig, um zu erkennen, dass Rouse seit "Subtítulo" ein anderes Leben führt und damit einhergehend auch kompensatorisch andere, vor allem bescheidenere und besonnenere Wege eingeschlagen hat.

So integriert er auf "Pilgrim" eine kuschelige Variante der Komplexität, in dem er massentauglichen Jazz und unschuldige progressive Anleihen zulässt. Das fabelhafte "Hollywood bass player" erinnert an Cat Stevens im Disco-Rausch. "London bridges" zeigt Ryan Adams, wie man es besser macht. Melodisch stark, mit leichten Gemütsschwankungen und alles dominierender Slidegitarre versehen, verschmelzen in "God, please let me go back" und "Domesticated lovers" Americana mit einem beflügelten europäischen Blues aufs Wunderbarste. Mit Harmlosigkeit und Simplizität bedeckt, entpuppt sich "Country mouse city house" erst nach mehreren Durchgängen als Kleinod in Pop und Soul. Zwar in der Gewissheit, dass Rouse niemals mehr ein großes Album veröffentlichen wird, aber wer gönnt ihm bei solchen Klängen nicht die Frührente mit Blick aufs Mittelmeer? ¡Viva España!

(Markus Wollmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Hollywood bass player
  • God, please let me go back
  • Nice to fit in

Tracklist

  1. Sweetie
  2. Italian dry ice
  3. Hollywood bass player
  4. God, please let me go back
  5. Nice to fit in
  6. Pilgrim
  7. Domesticated lovers
  8. London bridges
  9. Snowy
Gesamtspielzeit: 38:36 min

Im Forum kommentieren

LovelyOne

2007-07-30 13:05:30

Naja schon ein wenig durchwachsen... stimmungsmässig eher ein Herbst- als ein Sommeralbum.

noplacespecial

2007-07-30 02:48:59

die EP mit Paz Suay ist um Welten besser

Dieter Pehte

2007-07-27 14:50:56

Richtig schlecht kann der Mann eh nicht sein, allerdings steh ich mehr auf seine älteren Alben zb Under Cold Blue Stars..

Editor

2007-07-26 22:15:59

hats schon jemand?

bee

2007-07-19 21:08:12

ab morgen dann auch im Laden ...

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