Jennifer Gentle - The midnight room

Sub Pop / Cargo
VÖ: 22.06.2007
Unsere Bewertung: 3/10
3/10
Eure Ø-Bewertung: 3/10
3/10

Der Letzte macht die Tür zu

Popmusik, die in erster Linie die Zerstörung von sich selbst im Auge hat, läuft hier normalerweise in offene Arme. Die Fiery Furnaces zum Beispiel, unbestätigten Gerüchte zufolge einst von Dick Cheney als Guantanamo-Hausband vorgeschlagen, hört sich unsereins noch fröhlich vorm Einschlafen an. Und das erste und einzige Album der unersetzlichen Unicorns steht hier außerdem noch immer auf einem selbst gebastelten Fimo-Podest. Die Frage also muss nicht lauten: Wer zur Hölle soll sich einen solchen Scheiß wie die vierte Jennifer-Gentle-Platte "The midnight room" anhören? Sie ist viel eher: Warum gefällt uns so ein Scheiß wie die vierte Jennifer-Gentle-Platte "The midnight room" plötzlich nicht mehr?

Die Erinnerungen an den Vorgänger "Valende" sind verschwommen, aber wohlwollend. Der italienische Tausendsassa Marco Fasolo hatte sich weitgehend alleine eine Platte ausgedacht, die das hatte, was gut erhaltene Omas "Schmiss" oder "Pepp" nennen. Gleichzeitig nahm er sich aber auch heraus, in den richtigen Momenten immer wieder alle guten Geister nach draußen zu bitten. Auf "The midnight room" nun bleiben nur noch diese Momente übrig. Es ist ein Album, das keine Lust hat, Popmusik zu sein, aber gleichzeitig dazu verdammt ist, weil ihm auch nichts anderes einfällt, dass es sein könnte. Es ist eine Popplatte, die jede Lust an der eigenen Disziplin verloren hat. Statt sich aber folgerichtig selbst zu zerstören, versucht "The midnight room", die Sache so unbeschädigt wie möglich auszusitzen.

Dick eingepackt im Deckmantel der vermeintlichen Entrücktheit, stellt das Album eine halbfertige Songidee hinter die nächste, missversteht sich selbst als kürzeste Standleitung zwischen Syd Barrett und Tom Waits und ist niemals halb so crazy, wie es gerne wäre. Fasolo umgeht die Unterscheidung zwischen Intuition und Beliebigkeit, spielt willkürliche, häufig gedoppelte Gitarrentöne zu einem überfordert dagegen haltenden Schlagzeug und singt mit einer Stimme, die eben noch unterm Heliumhahn gehangen haben muss. Nur das verschmitzte "Lovely Rita"-Klavier in "Electric princess" erinnert dabei an den pfiffigen Popsongsaboteur, der Fasolo auf "Valende" noch war. Der Rest des Albums entzieht sich solcher Rückgriffe von vornherein - seine Songs sind ja nicht mal mehr Songs. Oder sonst irgendwas.

(Daniel Gerhardt)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Electric princess

Tracklist

  1. Twin ghosts
  2. Telephone ringing
  3. It's in her eyes
  4. Take my hand
  5. The ferryman
  6. Electric princess
  7. Quarter to three
  8. Merucry blood
  9. Granny's house
  10. Come closer
Gesamtspielzeit: 36:57 min

Spotify

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