
Dover - Follow the city lights
Chrysalis / EMIVÖ: 22.06.2007
Hyper hyper
Mit ein bisschen Glück könnte es sich bei "Follow the city lights" um den Super-GAU des Jahres handeln. Denn als Cristina Llanos verkündete, ihre Band wisse nicht mehr, wie man rockt, klang das in den Ohren der zahlreichen Dover-Fans wie ein verstummtes Knallbonbon. Ausgerechnet die spanischen Vorzeige-Stadion-Rocker wollen die Rezeptur bierschwangerer, punkiger Pop-Rock-Songs vergessen haben? Tatsache: Der erwartete Kalauer erweist sich als gewissenhafte Voraussage. "Follow the city lights" - die Ballermannhits der Generation Indie.
Doch eins nach dem anderen: War das grandios trocken rockende "I was dead for 7 weeks in the city of angels" weder Kompromiss noch Kampfansage, stieß sich "The flame" mit seinen gefühlten 30° Celsius die Hörner an überschwänglicher Eingängigkeit ab. Mit niedlichen Bratgitarren, rotzigen Melodien und schnellen Songs boten Dover bisher dem Rock'n'Roll die Sporen. Was in den zwischenzeitlich vergangenen 24 Monaten geschehen ist, schmeckt nach einem großen Fragezeichen. Denn das Geheimnis bleibt in Spanien, das seinen Pophelden weiterhin den Schweiß von den Händen leckt. Und dem Rest der Welt den Mittelfinger zeigt. Oder eben die hochgestellten Kragen der Polo-Shirts.
Wer sich nun das Schlimmste auszumalen gedenkt, muss enttäuscht werden. Es ist noch schlimmer. "Follow the city lights" poltert mit computeranimierten Beats, dramatisch billigen Automatenkeyboards und äußerst unschönen Bassfrequenzen in die Wahrnehmung des verdutzten Hörers. Gitarren spart sich das Quartett fast gänzlich, vom Schlagzeug ganz zu schweigen. Dover machen von nun an Musik für den Grand Prix d'Eurovision. Ace Of Base, Gwen Stefani und Roxette heißen die Paten dieses Sounds, der die neue Ausrichtung der einstigen Punkrockkapelle auf ziemlich dünnes Eis schickt.
Das frohlockende "Let me out" rettet noch Christinas reibeisige Stimme, das nervtötende "Do ya" will schon keine Beschreibung mehr aufgenötigt bekommen. Der traurige Tiefpunkt lautet "You & me", verziert mit unerträglicher Quietschmelodie, inflationärem "Na na na na", welche über die langweiligste Beatmaschinerie seit Erfindung des Computers gejagt werden. Lediglich die letzten zwei Songs dieser hanebüchenen Platte können die drei vergebenen Punkte mit schmerzverzerrtem Gesicht rechtfertigen. Alles weitere klärt das Eigenstudium. Aber bitte nur mit Wackelpudding und Sangria. Zum gelegentlichen Abkühlen des hitzigen Kopfes.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Denial
- Shine on me
Tracklist
- Let me out
- Do ya
- Keep on moving
- Salvation
- You & me
- Tonight
- Dear McCartney
- Madrid
- Denial
- Shine on me
Im Forum kommentieren
Peter
2009-04-30 23:14:42
Dover - Das war mal eine unverwechselbare Mischung aus harter Gitarrenarbeit, Melodien zum Niederknien und Cristinas wunderbarer, melancholischer Stimme. Diese Band hat wirklich gerockt und mich über Jahre immer wieder neu emotional berührt. Die waren mal ganz, ganz groß!!!
Mir fehlen wirklich die Worte, wenn ich an den Stilwechsel denke, den Dover mit "Follow the City Lights" eingeleitet haben. Das ist austauschbarer, billiger Diskoelektrotralalapop ohne jede Seele. Unfaßbar und nicht nachzuvollziehen. Dover hätte unsterblich werden können. Für mich persönlich standen die in einer Reihe mit Bands wie den Clash, Social Distortion oder den Ramones. Mannmannmann ...
Natürlich hatte und hat diese Band wie jeder andere Künstler das Recht, zu machen, was immer sie für richtig halten. Aber das hier ist keine Weiterentwicklung, das ist schlicht und einfach Schrott, totaler Schrott. Und daß sie sich an ihren alten Songs, an ihrem Erbe, ebenfalls vergehen, finde ich unverzeihlich.
Um ehrlich zu sein, ich glaube bis heute hin und wieder, daß das alles nur ein schlechter Traum ist, aus dem ich irgendwann wieder aufwache ...
Sabrina
2009-02-19 00:22:23
Das ist also aus meiner (ehemaligen) Lieblingsband geworden! Ich kanns nicht glauben! Seit diesem Album leugne ich Dover je gekannt zu haben!! ;)
Hoss
2009-02-16 15:36:08
Stimmt es das Dover auf der Tour, speziell in Frankfurt muss es wohl so gewesen sein, von alten Fans beschimpft und sogar ausgebuht wurden?
Izzi
2009-02-15 23:54:17
Bin da ziemlich mit CelticMike. Die Songs sind für mich klar Dover, nur in anderem Gewand. Ich find es schade, dass sie die alten Songs live nicht im alten Stil bringen, aber "Follow the City Lights" find ich an sich super, während ich die "Homework" von Daft Punk längst verkauft hab. Das ist halt nicht so meine Art von elektronischer Musik, ist mir zu unpoppig. Das, was Dover machen, klingt zwar irgendwie billig, aber mich stört's nicht. Die Ramones klangen auch total billig und waren super.
Addict
2009-02-10 11:51:33
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