Jeremy Warmsley - The art of fiction

Transgressive / Inkubator / Soulfood
VÖ: 25.05.2007
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Die Taube in der Hand

44:44. Wenn die Gesamtspielzeit schon aussieht wie eine Schnapszahl mit Doppel-Schwips, dann kann das natürlich vieles bedeuten, aber ganz bestimmt kein Zufall sein. Man darf von "The art of fiction" also durchaus adäquat Schwindelerregendes und Euphorietrunkenes erwarten. Tatsächlich ist Jeremy Warmsleys Debüt kein Album, das sich heimlich durch den Lieferanteneingang schleicht, sondern turbulent choreographiert und tollkühn instrumentiert durch die Hauptpforte federt. Das fabelhafte Londoner Indie-Streichquartett mit dem schönen Namen Dirty Pretty Strings zupft und sägt, wispert und grollt, während Warmsley präzise Rhythmusarchitekturen programmiert und plötzlich mit souveränen Handgriffen flotte Jazzakkorde aus der Klaviatur schnitzt.

Eine lieblich zerzauste Gitarre begibt sich mit "I promise" auf Nostalgie-Exkursion. Das Schlagzeug rumpelt selbstvergessen, im Hintergrund kümmert sich ein vervielfachter Warmsley um den Harmoniegesang, während das Original "You are the dream that I forgot" bekennt. Es folgt eine bezaubernd delikate Piano-Ballade - das mit Abstand verführerischste Stück der Platte: "I knew that her face was a lie / Still I believed it was true." In bester Storyteller-Manier erzählt "5 verses" die Geschichte einer realitätsallergischen Liaison. Die Percussion klingt nach zerberstenden Illusionen, der Synthesizer züngelt schadenfroh.

Man kann Jeremy Warmsley unmöglich einfach so einordnen. Sein Debüt fällt viel zu oft und viel zu gekonnt aus dem Rahmen, um es mit gutem Gewissen unter dem naheliegenden Stichwort "Folktronica" abzuheften. An allen Ecken und Enden zappelt ein Instrument und strampelt mit Händen und Füßen um seine paar Sekunden auf dem roten Teppich. Eine Klarinetten-Brosche hier, ein Staccato-Streicher-Piercing dort - "The art of fiction" ist origineller Accessoire-Pop, der trotz allem den Reiz schlichter Eleganz nicht aus den Ohren verliert.

"The young man sees the city as a chessboard" erinnert mit hypnotischen TripHop-Elementen und Eiswürfel-Percussion an Warmsleys musikalische Vergangenheit als Elektro-Sound-Frickler. "Modern children" erklärt einen strengen Bass zum Erziehungsberechtigten, "A matter of principle" zieht einen Nick-Drake-Refrain aus dem Hut, und "Hush" beendet das Album als wahnwitzig experimentelle Soundcollage, die unmissverständlich und mantrahaft "Don't let the flames go out" mahnt. Jeremy Warmsley hat - wie man dem Cover-Artwork von "The art of fiction" deutlich entnehmen kann - echt einen Vogel. Aber der hat immerhin ganze 44 Minuten und 44 Sekunden Hochzeit. Tschilp!

(Ina Simone Mautz)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Dirty blue jeans
  • I promise
  • I knew that her face was a lie
  • 5 verses

Tracklist

  1. Dirty blue jeans
  2. I promise
  3. I knew that her face was a lie
  4. 5 verses
  5. The young man sees the city as a chessboard
  6. I believe in the way you move
  7. Jonathan & the oak tree
  8. Modern children
  9. A matter of principle
  10. If I had only
  11. Hush
Gesamtspielzeit: 44:44 min

Im Forum kommentieren

koe

2008-11-19 19:11:30

Jopp, find ich auch gut.

bee

2008-11-19 17:07:02

neues Album namens How we became am Start - sehr feine Songs dabei!

7th Seeker

2007-09-24 14:37:13

Ich muss mich als Möger outen, allerdings gibt es noch viele andere Scheiben, die ich gern besorgen würde, ist höchstens Zufall, wenndie Scheibe bei mir im CD-Regal erscheinen würde

Kilian

2007-09-23 23:28:02

Das Album macht immernoch sehr viel Spaß, vor allem weil es so schön abwechslungsreich ist. Schaut euch doch bitte mal die Referenzen an! :-)

Kilian

2007-07-03 18:10:42

und sonst keiner?

Unbedingt anschauen:
http://www.dailymotion.com/video/x1yoeb_483-jeremy-warmsley-dirty-blue

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