
Meg Baird - Dear companion
Wichita / Cooperative / Rough TradeVÖ: 01.06.2007
Simplicissimus
Bitte keine Werbung, kein Aufsehen, geschweige denn Mundpropaganda. Wir sehen es gar nicht ein, uns dermaßen abzurackern. Die Umstände, die "Dear companion" den Weg in des Käufers Einkaufstasche bereiten, werden mit strenger Kontrolle klein gehalten. Schließlich hat Meg Baird sich auch keine wirkliche Mühe gegeben, um uns ihr erstes Soloalbum so richtig schmackhaft zu machen. Zum einen die Veröffentlichung auf einem Kleinstlabel an der amerikanischen Ostküste, das schwerer zu finden war, als der heilige Gral. Geil geht anders. Lange sucht man auch nach einer astreinen Studioproduktion, die der dargebotenen Simplizität Einhalt geboten und die spärliche Instrumentierung durch Gitarre und Dulcimer mit genügend Spielereien verfremdet hätte. Wo ist sie bitte, die Band im Hintergrund, von der man ein Feuerwerk an Umschwüngen und Emotionen erwarten konnte? Und dann diese Frau: Kein aufgetakelter Bitch-Style, keine tiefen Einblicke und auch das Cover entbehrt jeglichen sexuellen Symbolismen. Wäre "Dear companion" ein Film, er würde aus Frankreich kommen und sich Nacht für Nacht vor leererm Saal totlaufen - keine Explosionen, keine Geheimcodes, kein vergrabener Verwandter im Garten, kein Pointe.
Erwartet hätte man solch eine Zurückgezogenheit von Baird nicht gerade, auch wenn ihr eigentlicher Arbeitgeber, das psychedelisch-progressive Folk-Sextett Espers, nicht wirklich für Extrovertiertheit bekannt ist. So schuf man mit "Espers" und "Espers II" aber immerhin zwei Platten, die sich traditionellem Folk annahmen und diesen in bedächtigen bis hin zu destruktiven Trancezuständen zur Unkenntlichkeit metamorphosierten, um ihn anschließend in Behutsamkeit wieder gesund zu pflegen. Auch ein Stück Offensive, für die Baird auf "Dear companion" keinen wirklichen Bedarf mehr hat. Gleich die erste Single-Auskopplung "The waltze of the tennis players", die auf dem Markt der kleinen, schwarzen Seven-Inches ebenso kleine Erfolge feiert, offenbart ein reduziertes Spektrum. Die Coverversion des weichgespülten Songs der süßlichen Folkbarden Fraser & DeBolt aus den Siebzigern entledigt sich übertriebener Dur-Affinität und verzaubert mit einem stillen Übergang von Ein- zur Mehrstimmigkeit. Baird fordert mit ihrem vokalen Glanz immer wieder den kleinen melancholischen Funken heraus, der sich zwischen der bedächtig gespielten Akustischen und luftigen Harmonien versteckt hält.
Findet sich der Appalachen-Folk von "The waltze of the tennis players" im Zentrum von "Dear companion", weiß Beard in der ehrlichen Reduktion ihrer ersten Einzelarbeit zu variieren. So lässt sie im "River song" und in "Maiden in the moor lay" englische Altertümlichkeiten zu, die sie mit ständigen Rhythmuswiederholungen in ein minimalistisch-esoterisches Gewand kleidet und damit von verstaubter Leblosigkeit befreit. "Riverhouse in Tinicum" mystifiziert sich aufs Schönste durch eine unscheinbare Ambientfläche. Über die Jahre weitergegebene Traditionals wie "Sweet William and fair Ellen" oder "Willie O'Winsbury" werden mit Inbrunst und Melodientreue gefeiert. "Dear companion" wird neo-folkloristischen Vorgaben, für den Markt adäquat zurechtgeschneidert, keine Sekunde gerecht. Baird ehrt alte Traditionen britisch-amerikanischen Folks und unspektakulären Songwritertums und integriert ihre selbstgeschaffenen Feinheiten. Nur von sich selbst begleitet, halten zum Schluss die Instrumente inne und lassen Baird den Titelsong ein weiteres Mal bestreiten. Ohne Explosionen, ohne Geheimcodes. Eine authentische Formvollendung, mit zarten Gratwanderungen in einem kleinen Kosmos.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Riverhouse in Tinicum
- The waltze of the tennis players
- Maiden in the moor lay
- Sweet William and fair Ellen
Tracklist
- Dear companion
- River song
- The cruelty of Barbry Ellen
- Do what you gotta do
- Riverhouse in Tinicum
- The waltze of the tennis players
- Maiden in the moor lay
- Sweet William and fair Ellen
- All I ever wanted
- Willie O'Winsbury
- Dear companion
Referenzen