Spitting Off Tall Buildings - Good night and good luck

Exile On Mainstream / Soulfood
VÖ: 11.05.2007
Unsere Bewertung: 4/10
4/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Der kurze Atem

Die Freizeitbeschäftigungen unserer Wahl treiben manchmal grausame Blüten. Zwischenmenschliche Beziehungen gehen in die Brüche. Die Nachbarn erstatten Anzeige wegen Lärmbelästigung, der Zettel mit den Bands, die man mal antesten sollte, ist auf A3-Maße angewachsen und die Eltern verstehen einen schon lange nicht mehr. Doch der Konsument - wir - hat einen großen Vorteil: Er hält das Produkt, das in nächtelanger, akribischer Arbeit aus dem Künstler herausgepresst wurde, in den Händen und hat Macht. Ja - wir sind mächtig. Mit einem ungehobelten Satz, oder einer einfachen Kaufverweigerung, können wir den Künstler in die Wüste schicken. Bei diesem Gedanken kann man als Musiker schon wahnsinnig werden. Eine Band, die an den grausamen Mechanismen des Kulturbetriebes zerbrochen ist, heißt Spitting Off Tall Buildings. Der Titel ihres Zweitwerkes ist Programm. Das war's, aus die Maus, Schluss und Vorbei. Die Berliner Band löst sich auf und "Good night and good luck" ist ihr Testament.

Die verdammte Selbstvermarktung. Entweder man geht diesen faustischen Pakt ein oder bleibt im kleinen Proberaum am Rande der Stadt. Spitting Off Tall Buildings mögen Musik als Selbstzweck verstanden haben, dem Teufel haben sie in ihrer kurzen Karriere trotzdem die Hand gereicht. Warum sonst sollte Sängerin Jana Pallaske bei einer hirnlosen Stefan-Raab-Eventshow wie "Wer-sieht-in-Badehose-blöd-aus-und-klatscht-so-richtig-hart-auf?" von einem Zehn-Meter-Turm ins Wasser hüpfen?

Der Aufschlag muss hart gewesen sein, die Zeit danach sowieso. Desillusionierung und Machtlosigkeit angesichts des mächtigen Medienapparates und des ausbleibenden Erfolges gesellten sich hinzu. Die Kardinalsfrage in Bezug auf Spitting Off Tall Buildings lautet: Gründet man eine Punkband, um berühmt zu werden? Wie lange haben die Beatsteaks sich den Arsch wund gespielt, bis sie in der ganzen Republik vor ausverkauften Hallen auftraten? Waren es zehn Jahre?

Richtig wichtig waren Spitting Off Tall Buildings nie. Die Namen, die in der kurzen Bandgeschichte auftauchen - ja, die klingen groß. Das selbstbetitelte Debüt war trotz der tatkräftigen Unterstützung von Beatsteaks-Soundspezialist Moses Schneider und Gordon Raphael (The Strokes) ein rotziges, aber belangloses Punk-Statement. Für "Good Night and good luck" erfüllten sie sich nun einen finalen Traum und malochten mit Steve Albini in seinem Electrical-Audio-Studio in Chicago. Keine Frage, das Album ist straight produziert. Albini mag begnadet sein und kann aus einer Band die ganze versteckte Wut an die Oberfläche transportieren. Zaubern kann er jedoch nicht. Das Röcheln, das Abgefuckte, das Leid, welches Joey Goebel, in seinem Rock-Roman "Vincent" "das Elixier für wahre, authentische Kunst" nennt. Auf "Good night and good luck" ist es nur in Ansätzen vorhanden.

Der Opener "Cracks" geht gut nach vorne, macht sogar Spaß und lädt zum Krakeelen ein. Der schmissige Anfangsriff beim musikalischen Flirt "You and me" ist eines der Highlights und bleibt auf jeden Fall haften. Überhaupt eignet sich "Good night and good luck" für einen kollektiven Kneipenabend wunderbar. Problematisch wird es im trauten Heim, wenn die Ohrenkracher mit der Lupe untersucht werden. Da verwundert es auch nicht weiter, dass "Heartbeats", ein The-Knife-Cover, der beste Song auf dem Album ist. Kurz und bündig: Zehn Songs in 34 Minuten, die anfangs einen guten Eindruck machen, denen auf Dauer aber das fehlt, was man Substanz und Leidenschaft nennt. Musik sollte eben immer ein schönes Hobby bleiben.

(Steffen Meyer)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Heartbeats

Tracklist

  1. Cracks
  2. Tade
  3. What they say
  4. You and me
  5. Let you go
  6. Out of breath
  7. Burnt into my skin
  8. Summer
  9. Heartbeats
  10. Lulla'bye
Gesamtspielzeit: 34:04 min

Im Forum kommentieren

cds23

2007-05-21 19:39:11

Ja, aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben. :-D

Mixtape

2007-05-07 16:41:20

Die wurde gestern zurückgezogen, da muss erst noch intern was geklärt werden.

tim

2007-05-07 15:22:10

Kommt eine Rezi?

nee

2007-02-28 00:34:09

good night and gut nacht!

ps albini schreibt man auch zweimal albinI

Tschengis

2007-02-27 17:20:03

Wer ist ehrlich positiv überrascht? Das eigene Label?

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