Dolores O'Riordan - Are you listening?
Sequel / Sanctuary / Rough TradeVÖ: 04.05.2007
Altes Eisen
Jeder, der Musik nicht nur als dudelnde Begleitung des Einkaufs wahrnimmt, hangelt sich immer mal wieder gerne anhand einiger, prägender Songs in die Vergangenheit zurück. Die Eltern schwärmen von exzessiven Parties mit den Stones, die großen Geschwister betasten bei Nena-Liedern die schon lange wieder gefallene Dauerwelle, und die in den Neunzigern aufgewachsenen werden wohl nicht um einen kleingewachsenen, weiblichen Wüterich aus Irland herumkommen. Genau, "In your he-ead, in your he-i-e-e-ead" klingt es da wieder im Ohr, so wie es diese Cranberries 1994 geiferten. Und es danach millionenfach alkoholtrunken auf Schulfeiern nachgegröhlt wurde.
Welche Wut und welche Trauer die ersten beiden Alben brachten! Aber auch welche Enttäuschung aufkam, als die späteren Veröffentlichungen der Band folgten. Da begeisterte nichts mehr, das war alles nur noch kalter Kaffee mit einem Schuss zu viel Frohsinn. Dass nun Dolores O'Riordan, die ehemalige Frontfrau, sechs Jahre nach dem letzten Cranberries-Output mit einem Solo-Album aufwartet, überrascht da schon. Die Gute war weder im Untergrund noch auf sonstigen Weltrettmissionen, wie man vielleicht vermuten könnte, sondern kümmerte sich im trauten Heim um ihre vier Bälger. Herzlich profan eben manchmal, so ein Rockstarleben.
Auf "Are you listening?" kehrt sie mit Bekanntem zurück: "Ordinary day" eröffnet mit zögerndem, nebelverhangenem Schwermut, "When we were young" zentriert sich um Dolores' schrilles Gesangsorgan. Nett anzuhören, aber damals weitaus ergreifender exerziert. Dass sie aber nicht nur Mutterpflichten nachkam, sondern möglicherweise auch mal nächtens durch mystisches Gehölz gewandert ist, lassen die folgenden Tracks vermuten. Denn Gothic-Dramatik blitzt auf, wenn "Human spirit" vor seinem Absturz in kitschigen Singsang auf Klavier- und keltischen Flötentönen tänzelt. Oder Dolores bei "Stay with me" im dicken Pathos mit fernen Gottheiten zu kommunizieren scheint. Stets begleitet von stakkatohaften Metalgitarren.
"Black widow" stellt mit seiner schwer fassbaren Versponnenheit dabei noch so etwas wie ein kleines Highlight dar, was aber in Anbetracht des schaurigen Rests des Albums keine Kunst ist. Denn Stücke wie "Loser" oder "Accept things" lassen in ihrer poppigen Art eben doch wieder an die beliebigen Taten der letzten Cranberries-Alben erinnern. Da will etwas erschütternde Ballade sein, kratzt aber wohl nicht einmal an emotionalen Oberflächen. Und wird sich somit schon gar nicht zum Zusammenbasteln eines biograhpischen Soundtracks eignen. Fürs Beschallen der Käseabteilung dagegen schon. Aber ob die Welt denn dafür wirklich dieses Album braucht?
Highlights & Tracklist
Highlights
- When we were young
- Black widow
Tracklist
- Ordinary day
- When we were young
- In the garden
- Human spirit
- Loser
- Stay with me
- Apple of my eye
- Black widow
- October
- Accept things
- Angel fire
- Ecstasy
Referenzen
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