Marnie Stern - In advance of the broken arm
Kill Rock Stars / CargoVÖ: 20.04.2007
A history of violence
Neue Musik muss heute beinahe zwangsläufig erstmal ein bisschen wehtun. Die Menschen haben sich eben schon eine ganze Menge ausgedacht und aus verständlichen Gründen mit den Sachen angefangen, die angenehm, ungefährlich und in Echtzeit nachvollziehbar sind. Deshalb gab es den Popsong vor der Rockoper, deshalb kamen erst die Beatles und später dann, na sagen wir mal, The Locust. Auch ein netter Reminder dafür, dass das 21. Jahrhundert langsam ins Rollen kommt: Marnie Stern, 30 und aus New York, fortschrittlich und nicht eben schmerzempfindlich. "In advance of the broken arm" ist ihr erstes Album, es gibt keine wirklich nützlichen Pillen dagegen, und die Diskussion ist hiermit eröffnet.
Explizit ausgenommen ist davon aber: dass man Marnie Stern einfach lieben muss. Rocky Balboa ist ihr Held, Gitarre spielt sie wie Eddie van Halen, und ja, sie sieht auch noch aus wie Kirsten Dunst vor der Maske beziehungsweise nach dem siebten Bier. Für "In advance of the broken arm" ist vor allem der Mittlere dieser Fun-Facts wichtig, es wird hier schließlich geschreddert, gehobelt und gefingertappt, bis das Griffbrett wegbenutzt ist. Stern singspricht außerdem, aufgekratzt und angeschossen, und im Hintergrund trommelt sich Hella-Drummer Zach Hill um Kopf und Kragen. Meistens klingt es, als wäre er dafür in eine schalldichte Kabine gesteckt worden, und das wäre ja auch schon wieder geil.
Irgendwann nach ihrem schier wahnsinnigen Start mit dem großzügig übertakteten Gezocke von "Vibrational match" und der minimal kontrollierteren Single "Every single line means something" kippt die Platte leider kurz vom Unglaublichen ins unglaublich Nervige und bleibt da auch bis zum Ende anfällig. Manchmal klingt "In advance of the broken arm" wie eine Fortgeschrittenen-CD für Gitarrenschüler (und weiß das auch). Manchmal brennt einem Sterns Stimme noch giftiger in der Seite als die fünftausend Noten, die sie pro Minute aus ihrer Stratocaster rausgeschüttelt kriegt. Die entsprechenden Grenzen sind eben fließend und schlecht bewacht, wenn man als Speed-Metal-Gitarristin geboren wurde, aber eigentlich nur seine eigene, zugegeben waghalsige Ahnung von Popmusik zu den Leuten bringen will.
Stern verhaspelt sich also in der eigenen Unerbittlichkeit, treibt es zu bunt und sowieso jeden Kopfhörerhörer in den Wahnsinn. Sie bleibt aber auch jederzeit gefährlich, immer angriffslustig und nicht zuletzt unerhört, einfach weil bisher niemand die Eier hatte, eine Platte wie "In advance of the broken arm" auszuhecken und so konsequent runterzuspielen. Die bizarre Motivationsansprache aus dem finalen "Patterns of a diamond ceiling" steht da für sich - zumindest solange, bis sie von einem sturen Queens-Of-The-Stone-Age-Riff weggerissen wird. Es wird ein bisschen stürmisch hier, bringen wir es also schnell auf einen letzten Merksatz: Die erste Platte des Jahres, die man gehört haben muss, um sie zu glauben.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Vibrational match
- Every single line means something
- Patterns of a diamond ceiling
Tracklist
- Vibrational match
- Grapefruit
- Every single line means something
- Precious metal
- Put all your eggs in one basket and then watch that basket!!!
- Logical volume
- Absorb those numbers
- This American life
- Letters from Rimbaud
- The weight of a rock
- Plato's fucked up cave
- Healer
- Patterns of a diamond ceiling
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Kai
2022-11-26 21:42:25
Leider beim RSD leer ausgegangen. Sollte jemand bei sich im Laden noch eine finden gern bescheid geben
Randwer
2022-01-03 06:56:55
so isses
Kai
2022-01-03 02:49:55
nach fast 15(!) Jahren immer noch gut.
Pascal
2008-09-10 14:56:50
Hier gibt es einen kleinen Artikel und den Link zu den ersten Songs vom neuen Album!
Soup Dragon
2008-08-13 15:17:42
Find ich super, neues Album im Oktober:
This Is It And I Am It And You Are It And So Is That And He Is It And She Is It And It Is It And That Is That.
Was für ein Titel!
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